Traum, von anderen gelebt

Der HSV Handball verliert im ersten Spiel nach der Ära Hanning gegen Wilhelmshaven mit 21:25. Der Ex träumt auf Mallorca derweil von Blumen bei Tempo 50

von CHRISTINA STEFANESCU

„In Hamburg sagt man tschüüss beim Auseinandergehen.“ Was die Handballfans anstimmen, wenn ein gegnerischer Spieler eine Zeitstrafe bekommt, passte in der letzten Woche auch zum HSV Handball. Bob Hannings Trainerkarriere ist beendet – zumindest in der Hansestadt. Eine einvernehmliche Trennung sei es gewesen, heißt es in der Presseerklärung. An Hannings Stelle ist jetzt der ehemalige Co-Trainer Christian Fitzek Cheftrainer.

„Ich bin total ausgepowert“, sagt Bob Hanning. Er ist jetzt auf Mallorca: zum Runterkommen, zum Nachdenken. Es habe ihn überrascht, wie das so gelaufen sei, erklärt er am Telefon. Bob Hanning hatte in den letzten Wochen das Gefühl, dass Teile der Mannschaft, des Aufsichtsrates und des Präsidiums seinem eingeschlagenen Weg nicht mehr folgen wollten. Hinter seinem Rücken hätten sich die Spieler beim Präsidium über ihn beschwert und Präsident Rudolph schon mal Gespräche mit potenziellen Nachfolgern wie Martin Schwalb geführt, sagt er.

„Es war immer mein Kind. Alle haben das Projekt gehasst, doch ich wollte, dass es funktioniert. Ohne mich hätte keiner mehr einen Arbeitsplatz.“ Er meint die letzten Monate, als es so aussah, als werde es den HSV in der nächsten Woche nicht mehr geben, als das Wort Insolvenz häufiger in den Mund genommen wurde als das Wort Existenz. „Ich habe es geschafft, die Mannschaft drei Monate bei Laune zu halten – ohne Gehalt.“ Bob Hanning, der sonst so energische Mann klingt verbittert. „Sollen die eben meinen Traum leben.“ Er hätte auch bis zum Saisonende weitergemacht. „Die Geschwindigkeit meines Abgangs muss er verantworten.“

Er, das ist Vereinspräsident Andreas Rudolph, im Januar für die Presse noch der Retter, jetzt der Buhmann. Der erklärte am vergangenen Montag: „Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass unser Trainer Bob Hanning sich entschlossen hat, den HSV Handball zu verlassen.“ Ihm persönlich tue es sehr Leid, schließlich habe Hanning ihn für die Sache HSV Handball fasziniert. Die Gespräche mit möglichen Trainern seien jetzt auf Eis gelegt, sagte Rudolph der taz. „Christian Fitzek hat unser vollstes Vertrauen und wird in der nächsten Saison Cheftrainer sein.“

Auch die Spieler wollen nicht als Sündenböcke dastehen. „Nicht die Mannschaft ist schuld. Im Endeffekt hat er sich selbst gefeuert“, kommentierte Torsten Jansen den Abgang seines Trainers in der Mopo. Er habe der Mannschaft durch sein Verhalten keine Wahl gelassen. Wenn Kritik am Training laut wurde, sei das meist nach dem Motto gelaufen: In ein Ohr rein, durchs andere wieder raus.

Manager Dierk Schmäschke nimmt die Mannschaft in Schutz: Sie hätte sich vernünftig verhalten, schon zu einem frühen Zeitpunkt Signale ausgesandt. „Vielleicht haben wir zu spät auf diese Signale reagiert“, räumte er ein. Doch Unverständnis der Fans kann er verstehen: „Der Name HSV Handball ist eben sehr eng an den namen Bob Hanning geknüpft.“

Der kann sich dank einer Abfindung in Höhe von 450.000 Euro derweil in aller Ruhe Gedanken über die Zukunft machen: „Meine Freunde haben zu mir gesagt: ‚Du hast gelebt wie in einem ICE bei Tempo 300. Du hast weder die Blumen noch die Heckenschützen gesehen.‘ Jetzt will ich mal 50 fahren und wenigstens die Blumen sehen.“