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KURZKRITIK: HENNING BLEYL ÜBER DEN STRUWWELPETERVom Zündeln und Zappeln

Lange Nägel, wilde Haare, auch an einer gewaltigen Windmaschine mangelt es nicht, die die Folgen des unerlaubten Ausgehens bei Sturm trefflich illustriert: Das Moks spielt den Struwwelpeter samt seiner ebenso unbraven Konsorten wie dem „fliegenden Robert“. Bzw.: Es tanzt ihn – Regie führte die Choreografin Hanna Hegenscheidt.

Gelegentlich verliert sich der narrative Strang im Fragmentarischen. Nicht jedem Kind werden sich die Stories ums In-die-Luft-gucken, Zündeln und Zappeln erzählerisch erschließen – dass irgendwann ein Batzen gekochter Spaghetti auf den Bühnenboden klatscht, bleibt umso nachhaltiger haften. Der Erkenntnisgewinn dieser jüngsten Moks-Produktion zielt – in diametraler Umkehr der Heinrich Hoffmann’schen Intention – eigentlich auf die Erwachsenen: Denn das konsequente Erzählen aus der Perspektive des Kindes macht deutlich, welcher Regel- und Belehrungsdichte der Nachwuchs ausgesetzt ist. Auch die hochmoderne Viertel-Elternschaft, deren Direktiven natürlich pädagogisch jederzeit wertvoll sind, kann diesem Struwwelpeter einige Aha-Erlebnisse abgewinnen: Auch Zuwendung kann einem Kind zu viel werden, wenn sie die elterlichen Maßstäbe und Sichtweisen absolut setzt.

Spielerischer Höhepunkt dieses Mokspeters ist Simon Zigahs Solosequenz als Zappelphilipp: ein ADHS-Feuerwerk, das hyperaktive Kinder zu absoluten Sympathieträgern macht.

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