Gericht braucht länger als zugegeben

AKTENEINSICHT Der zuständige Richter verschleppt Beschwerden gegen die Durchsuchung einer Wohngemeinschaft in Göttingen. Grüne und Linke wollen im Landtag für Aufklärung sorgen

Gegen den zuständigen Richter läuft eine Dienstaufsichtsbeschwerde

Anders als von Polizei und Justiz behauptet, ist die Durchsuchung einer linken Wohngemeinschaft in Göttingen Anfang 2010 juristisch immer noch nicht aufgearbeitet. Anlass der Durchsuchung war ein mutmaßlicher Brandanschlag im Göttinger Kreishaus. Hunde hatten die Beamten zu dem Wohnhaus geführt.

Im vergangenen November verkündete die Polizei, das Göttinger Landgericht habe „die Ermittlungsmaßnahmen in vollem Umfang als rechtmäßig bestätigt“. Offenbar hatten sich die Beamten auf Aussagen des zuständigen Richters verlassen. Tatsächlich sind von elf Beschwerden erst drei rechtskräftig zurückgewiesen. Das fand der Anwalt Sven Adam bei einem Blick in die Akten heraus.

Beschwert hatten sich die Betroffenen unter anderem darüber, dass Computer nach Korrespondenz mit den Göttinger Anwälten Johannes Hentschel und Adam gescannt und die Bewohner während der Durchsuchung im Wohnzimmer festgehalten wurden. „Ein Verstoß gegen elementare Verfahrensrechte“, sagt Adam. Zu beidem wurde bislang nichts entschieden.

Auch der Durchsuchungsbeschluss selbst war kritisiert worden. Dass die Hunde wirklich an dem Haus angeschlagen haben, bestätige weder das GPS-Protokoll noch ein Video vom Einsatz, sagt Adam. Hierzu wurden immerhin zwei von drei Beschwerden abgearbeitet. Ein weiterer Kritikpunkt an den Ermittlungen war, dass die Polizei sich heimlich Lichtbilder von Verdächtigen bei Einwohnermeldeämtern besorgt hatte – über zwei von drei Beschwerden ist noch nicht entschieden.

Es bleiben Zweifel am Vorgehen der Beamten und die Frage, warum der zuständige Richter behauptete, die Beschwerden seien beraten und zurückgewiesen worden. Gegen ihn läuft mittlerweile ein Befangenheitsantrag sowie eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Auch das Justizministerium in Hannover ist eingeschaltet. Die Linken und die Grünen wollen den Fall im Landtag besprechen. JAKOB EPLER