Appell für ein europäisches Non

Knapp drei Wochen vor dem französischen Referendum zur EU-Verfassung ruft eine Initiative bestehend aus VertreterInnen der europäischen Linken zum Nein auf

PARIS taz ■ 9. Mai, Europatag. Die Busse sind mit gelben Sternchen auf blauem Grund geschmückt. Und SpitzenpolitikerInnen werben quer durch den Äther für ein „Oui“ zur EU-Verfassung. Im Souterrain der Pariser Brasserie „L'Européen“ halten eine französische Feministin, ein deutscher IG-Metaller, ein belgischer Sozialdemokrat und mehrere französische GewerkschafterInnen dagegen. Ähnlich wie französische Intellektuelle haben auch sie einen Aufruf gegen die EU-Verfassung lanciert. Doch anders als das Vorbild ist ihre – gestern vorgestellte – Initiative nicht national, sondern grenzüberschreitend. Der „Appell der 200 EuropäerInnen“ unterstützt ein „Non“ im bevorstehenden Referendum vom 29. Mai: „Ein Sieg des Non in Frankreich wäre eine Chance für ganz Europa.“

„Wir sind kein Gallierdorf, das sich allein gegen den Rest Europas stemmt“, sagt Yves Salasse vom französischen Thinktank „Copernicus“, „wie viele Menschen in anderen Ländern sind wir gegen die neoliberale Offensive. Wir wollen eine andere Politik in der EU: mehr gegen Arbeitslosigkeit und für soziale Rechte sowie andere Beziehungen zum Süden. Mit diesem Wunsch sind wir genauso wenig isoliert wie Deutschland und Frankreich, als sie sich gegen den Irakkrieg gestemmt haben.“ Josette Rome-Chastanet, die ein feministisches Netzwerk in der EU moderiert, stellt fest, dass mit der EU-Verfassung „noch mehr Frauen ins Abseits gedrängt werden“.

Die meisten ErstunterzeichnerInnen des Aufrufs (www.appeldes200.net) stammen aus linken Parteien in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Der Belgier Jean-Maurice Dehousse erklärt, dass ein Graben zwischen Basis und Spitze klaffe. Der frühere Vizepräsident des Europaparlamentes ist gegen die EU-Verfassung. Die Spitze der belgischen PS ist dafür. Eine Befragung unter den Mitgliedern der PS-Föderation von Liège hat ergeben, dass nur 27 Prozent der Mitglieder die Linie der Parteiführung teilen. Dehousse: „Es stimmt keineswegs, dass alle europäischen Sozialdemokraten die EU-Verfassung unterstützen.“ Für die IG Metall ist Vorstandsmitglied Horst Schmitthenner angereist. Er bittet die Franzosen um ein Stellvertretervotum. „Bitte stimmt mit Nein“, sagt er. „ Bei uns findet weder eine Debatte noch ein Referendum statt.“ DORA