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theaterDüsteres Olympia

Vor dem Eingang des Alten Malersaals in der Halle Beuel wartet das Sicherheitspersonal auf die Zuschauer, um sie gründlich zu durchsuchen. Die warme Stimme einer Moderatorin tröstet sie, dass dieses lästige und langwierige Prozedere der eigenen Sicherheit diene. Man hat noch nicht Platz genommen und wird schon von der Nachricht erschüttert, dass ein Teil des Olympischen Dorfes von Terroristen in Brand gesetzt worden sei. Es folgt eine Reihe von Bombenanschlägen, Explosionen, Rennen und Geschrei, Festnahme und Entkommen, Folter und Vergewaltigung.

„Ich fühle schon seit langem, dass das ursprüngliche Motiv des Kampfes gegen die palästinensische Bevölkerung verloren ging und wir gefangen sind in einem Teufelskreis aus Rache und Blutvergießen“, sagt der israelische Choreograph Ruby Edelman. Die „Friedensstadt“– eine fiktive Stadt, die in der jüngsten Inszenierung Edelmans „Die Olympischen Spiele 2036“ wie ein Mikrokosmos des menschlichen Abgrundes dargestellt wird, ist eine absolut perspektivlose Gesellschaft. In plakativen Bildern zeigt Edelman die nackte Brutalität einer buchstäblich von Gott verlassenen Gesellschaft und zieht Parallelen zur Geschichte.

Mit einer Mischung aus Tanz, Theater, Varieté, TV-Reality und Schau zeichnet Edelman ein düsteres Bild von der Zukunft. Ganz im Sinne der Kresnikschen Tradition setzt Edelman, unterstützt vom deutschen Filmemacher und Choreographen Sascha Engel, auf den gruppendynamischen Prozess seiner 17-köpfigen Compagnie. So schafft er es, drei Haupthandlungen parallel spielen und tanzen zu lassen. Mit Bildern von Furcht, Terror und Sex erzeugt Edelman bedrückende Stimmungen, konterkariert sie mit raumgreifender Heiterkeit und verschärft sie durch ohrenbetäubend grelle Musik. Beeindruckend. FAHIMEH FARSAI

„Die Olympischen Spiele 2036“, Halle Beuel, nächste Termine: 12., 14., 20., 22. Mai, 20 Uhr, Tel 0228/77 80 08

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