Längere Abschiebehaft für Asylbewerber

Österreichs Regierung beschließt eine Verschärfung des Asyl- und Fremdenrechts. Scharfe Kritik von amnesty

WIEN taz ■ „Sicherheitspaket“ nennt die Regierung Neuerungen im Asyl- und Fremdenrecht, die sie gestern im Ministerrat beschloss. Bei den Reformen, die demnächst als Vorlage im Nationalrat landen, handelt es sich um Verschärfungen für Asylwerber und Migranten, die als Maßnahmen gegen den Missbrauch verteidigt werden.

So soll die Zuwanderung auf den Familiennachzug beschränkt werden. Asylwerber können zehn statt bisher sechs Monate in Schubhaft gehalten werden. Wer sich durch Hungerstreik aus der Haft zu befreien versucht, soll zwangsernährt werden können. Traumatisierte, die vor Abschiebung geschützt waren, dürfen in Nachbarländer abgeschoben werden, „wenn dort ein faires Verfahren garantiert ist.“

„Nach menschlichem Ermessen“ werde dieses Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof halten, zeigte sich Innenministerin Liese Prokop zuversichtlich. Das Projekt ihres Vorgängers Ernst Strasser hatte der VfGH wegen Verstößen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention zerpflückt. Statt diese Einwände ernst zu nehmen, habe Strasser neue Verschärfungen in Auftrag gegeben, kritisierte Heinz Patzelt, Generalsekretär der österreichischen Sektion von amnesty international. Er warf der Bundesregierung schlampigen Umgang mit höchstgerichtlichen Urteilen vor. Eine Entscheidung des UNO-Menschenrechtskomitees zugunsten des Salzburger Beamten Paul Perterer habe die Regierung nach einem Jahr noch nicht beherzigt.

Am neuen Fremdenpolizeigesetz kritisiert Patzelt vor allem die neuen Vollmachten für die Polizei, die nicht nur zu den Wohnungen von Migranten, sondern auch zu Organisationen, „wo ausländische Staatsbürger verkehren“, jederzeit ohne richterlichen Befehl Zugang haben soll.

Manfred Novak, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte, dokumentiert in einer von der EU in Auftrag gegebenen Studie, dass der Rechtsstaat ausgehöhlt werde. So werde das Asylgesetz „in haarsträubender Weise vollzogen“. Von 4.000 erstinstanzlichen Urteilen habe der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) 2.700 wegen inhaltlicher Mängel aufheben müssen. Insgesamt trägt das neue Sicherheitspaket die Handschrift von Haiders BZÖ.

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen kündigte an, dass seine Partei auch das neue Gesetz möglicherweise vor das Verfassungsgericht bringen werde.

RALF LEONHARD