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Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Dass die 1990er-Jahre vorbei sind, ist jetzt auch schon bald wieder zehn Jahre her. Rirkrit Tiravanija war einer der Künstler, dessen Aufstieg an die Spitze des internationalen Kunstbetriebs just in diese Jahre fiel. Gleiches gilt auch für Elizabeth Peyton, Angela Bulloch, Douglas Gordon, Andrea Zittel, Tobias Rehberger, Philippe Parreno, Dominique Gonzalez-Foerster, Carsten Höller, Liam Gillick, Pierre Huyghe und Maurizio Cattelan. Tiravanija, jener Held der Partizipationskunst, dessen Kunstwerke eher fahrenden Suppenküchen glichen, die er zur Eröffnung einrichtete, hat sich in seiner neuesten Ausstellung in der Galerie neugerriemschneider daran gemacht, Rückschau zu halten und jene alten Weggefährten und Freunde in ausgedehnten Video-Interviews zu porträtieren. Er begleitet Andrea Zittel in die Wüste, fährt mit Elizabeth Peyton in eine Gießerei, hört Douglas Gordon zu, wie er über die Fußball-WM und sündhaft teure Tickets für das Endspiel schwadroniert, oder checkt mit Liam Gillick E-Mails in der Designer-Küche. Man lernt schon was über den einen oder anderen Künstler, über seine Arbeit, seine Einstellungen, sein Leben. Sehr anschaulich das alles. Man merkt auch, wie sehr sich der Kunstbetrieb verändert hat und wie die Zeit vergangen ist: Anschauungsunterricht in Selbsthistorisierung. Vorläufig aktuellste Welle der Einschreibung in den großen Ewigkeits-Atlas der Kunstgeschichte. Und noch etwas fällt auf: Natürlich ist das Material von Tiravanijas Kunst nach wie vor das Netz der sozialen Beziehungen, doch wo das Prinzip der Partizipation in seinen alten Kochevents für jeden galt, sieht man nun einem über die Jahre immer etablierter gewordenen, zunehmend abgeschlossenen und vor allem auch sehr erfolgreichen Netzwerk dabei zu, wie es kollektive Selbstbeweihräucherung betreibt und in Anekdoten schwelgt.

■ Rirkrit Tiravanija: „Chew The Fat“, bis 5. September, Di–Sa 11–18 Uhr, neugerriemschneider, Linienstr. 155

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