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Sanfte Heilmethode: Homöopathie als Alternative zur Schulmedizin. Doch wer als Heilpraktiker arbeiten will, kommt um die Prüfung nicht herum, und die setzt auf medizinisches Grundlagenwissen

von Deike Uhtenwoldt

Ein Jahr lang drehte sich das Leben von Monja Trific nur um dreierlei: ihre Tochter, die Schule und die Prüfung. Die allein erziehende Mutter ließ sich auf der Hamburger Frauenschule Alchemilla zur Heilpraktikerin mit dem Therapiefach Homöopathie ausbilden. Zwei Jahre lang erwarb Monja Trific medizinisches Grundlagenwissen, lernte das Konzept der Homöopathie kennen und probierte es aus. Im dritten Jahr dann kam die Praxis nicht mehr zum Zuge. Das war „pure Paukerei“, sagt Trific: „Ich habe meinen Freundeskreis ein Jahr lang auf Eis gelegt – und bestanden.“

Die obligatorische Heilpraktikerprüfung zu bestehen ist keine Selbstverständlichkeit. Wer sich in Deutschland niederlassen will, muss älter als 25 Jahre sein und mindestens den Hauptschulabschluss haben. Und er muss beweisen, dass er keine „Gefahr für die Volksgesundheit“ darstellt: „Die behördliche Prüfung soll sicherstellen, dass ein Heilpraktiker die Diabetis vom Herzinfarkt unterscheiden kann“, erläutert die Homöopathin Karin Fronemann-Klos. „Sie ist mittlerweile dem 1. Staatsexamen der Medizin angeglichen.“

Zweimal im Jahr stellen sich rund 100 Absolventen, überwiegend Frauen, den Fragen der Gesundheitsbehörden. 80 Prozent fallen durch, weiß Petra-Bindia Schmieder, Dozentin an der Schule der Homöopathie und Heilpraktik in Hamburg. Mit der Homöopathie-Ausbildung hat die Prüfung nichts zu tun. „Man muss“, warnt Schmieder, „die medizinischen Grundlagen, jedes Organ und alle psychischen Erkrankungen kennen.“

Dabei ist die Vorbereitung auf die Prüfung nur ein Teil der Ausbildung. Der andere betrifft die praktische Auseinandersetzung mit den naturheilkundlichen Therapien, etwa der Traditionellen Chinesischen Medizin, der Natur- und Pflanzenheilkunde oder der klassischen Homöopathie. Und jedes Gebiet für sich ist umfang- und traditionsreich. So ist die Chinesische Medizin über 2000 Jahre alt, die Homöopathie immerhin über 200 Jahre. Entsprechende Sorgfalt sollte auf die Wahl der Ausbildung gewendet werden. „Wenn jemand alles anbietet, wäre ich skeptisch“, sagt Schmieder. Man könne die Homöopathie nicht in ein paar Wochenendkursen abhandeln.

Auch Monja Trific war klar, dass sie selbst nach mehrjähriger Fachausbildung noch keine fertige Homöopathin war: „Das lernt man sein ganzes Leben lang.“ Wichtig sei nach der Aneignung der Grundlagen die Praxis am Patienten. „Leider sind Assistenzstellen rar“, hat Trific erfahren und empfiehlt Praktika. Sie selbst arbeitete nach ihrer Ausbildung zunächst freiberuflich in einer Praxisgemeinschaft in Harvestehude mit. Vor anderthalb Jahren machte sie sich mit einer Rufpraxis selbständig, das heißt, sie kommt nach Absprache ins Haus.

Aber auch erste Praxiserfahrungen sind kein Garant für eine erfolgreiche Existenzgründung. „Man kann nicht mit 25 Jahren die eigene Praxis eröffnen, da kommt keiner“, betont Karin Fronemann-Klos. Die 45-Jährige hat es mit Vorträgen, Kursen und einer Menge Lebenserfahrung geschafft, sich einen festen Kundenstamm aufzubauen. Heute kann sie von ihrer Praxis in Aumühle leben. Ihr Hausarztprinzip bedeutet aber auch, rund um die Uhr erreichbar zu sein: „Ich kann den Eltern ja nicht sagen, bitte gebt keine Antibiotika, und lasse sie dann am Wochenende mit dem kranken Kind allein.“

Für Fronemann-Klos sind homöopathische Mittel eine Art Reparatursoftware, die den Körper aufräumen. „Die Schulmedizin behandelt dagegen die Hardware.“ Monja Trific würde es begrüßen, wenn Homöopathen und Schulmediziner mehr Hand in Hand arbeiteten. Ihre Berufung sei es, so sanft wie möglich zu heilen. „Die Schulmedizin geht teilweise zu rabiat vor.“

Aber eben nur teilweise. Als Trifics Tochter im Alter von drei Jahren an einer lebensbedrohlichen Blutkrankheit erkrankte, war auch der sanften Heilerin klar: Hier helfen nur noch Transfusionen und Medikamente. Trific: „Ich verdanke der Schulmedizin das Leben meiner Tochter.“

Monja Trific, ☎ 0172/547 57 32