KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER INDUSTRIELLE EXKREMENTE
: Gefährliches Landleben

Bis zu 94 Prozent der Industrie-Broiler tragen resistente Keime in sich

Früher einmal war Hühnerkacke ein Superdünger, genau wie Pferdemist und Rindergülle. Sie alle sind es nicht mehr: Die Dosis ist zu hoch. Und die tierischen Ausscheidungen sind in unklarem Ausmaß medikamentös belastet.

Richtwerten des Verbands Deutscher Ingenieure hin, offizielle Tierzahlen und emissionsarme Hühner her: Die niedersächsischen Exkrement-Mengen sind erschütternd. Die 376.916.800 im Jahr gemästeten Hähnchen produzieren jährlich 1,8 Milliarden Kilo Kot, das sind gut 60 Tonnen pro Quadratmeter landwirtschaftlich genutzter Fläche. Zu verkraften wäre das, wenn’s neben der fabrikmäßigen Hühnermast nicht noch industrielle Puten-, Schweine- und Rinderzucht gäbe – und man auf die Mist-Importe aus den Niederlanden verzichten würde.Tut man aber nicht.

Zu den Hintergründen dieses Geschäfts gehört, dass in den Niederlanden die Gefahren des Mists erforscht wurden. Zwei Hochschulen haben dort die Belastung des Geflügels mit antibiotikaresistenten ESBL-Keimen geprüft. Zwischen 79,8 und 94 Prozent der Industrie-Broiler tragen demnach diese Erreger.

Die werden durch Fäkalien übertragen und waren jüngst in Bremen für das Sterben mehrerer Frühgeborener verantwortlich. Danach hat man dort die Neonatologie-Station gesperrt und zum Entseuchen komplett saniert. Die Keime sind noch da – und wohl auch auf dem Acker ihres Nachbarn.