Freispruch für Abschiebe-Blockierer

Staatsanwaltschaft scheitert mit Versuch, die verhinderte Abschiebung einer Kurdenfamilie vor drei Jahren zu ahnden

Bremen taz ■ Mit einem glatten Freispruch endete gestern ein dreijähriges Gerichtsverfahren um eine Straßenblockade in der Bremer Neustadt. 150 DemonstrantInnen hatten im Januar 2002 das Haus der libanesischen Kurden am Buntentorsteinweg blockiert, um deren Abschiebung in die Türkei zu verhindern. Mit Erfolg: Die Polizei zog unverrichteter Dinge ab, die Abschiebung musste ausgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft allerdings erhob Anklage: gegen Mattias B., wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Der 38-Jährige, so ihr Vorwurf, habe die Straßenblockade organisiert. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Es gebe keine Anhaltspunkte, so Amtsrichter Friedrich Wulf, dass der Angeklagte auch der Rädelsführer der unangemeldeten Demonstration gewesen sei. Zwar sei die Tat von langer Hand geplant gewesen – da war er sich mit Staatsanwalt Waldemar Orthmann einig. Allein die Beweise fehlten.

B. verweigerte vor Gericht jede Aussage. Auch die Zeugin Carola S. wusste wenig zu sagen. Sie habe den Angeklagten nicht einmal gesehen, gab die 34-Jährige vor Gericht an. Am Ende musste Wulf den Angeklagten freisprechen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Vor Gericht sollte sich B. gestern eigentlich noch wegen eines angeblichen weiteren Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz rechtfertigen. Im August vergangenen Jahres, so die Staatsanwaltschaft, soll er einen unangemeldeten Protestzug gegen die Hartz-Reformen organisiert haben, rund 50 TeilnehmerInnen zogen damals durch die Obernstraße. Doch Richter Wulf hatte „keine Ahnung“, was er verhandeln sollte. Der Grund: Die Gerichtsakte ist unauffindbar, das Verfahren deshalb ausgesetzt. Im Falle einer Verurteilung droht B. eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Verteidigerin Barbara Kopp will ihre Akte keinesfalls herausrücken: „Ich mache mich nicht zum Erfüllungsgehilfen des Gerichts.“ mnz