Brutaler Polizeieinsatz beendet Kirchenasyl in Kopenhagen

DÄNEMARK Mit Gewalt und viel Sachschaden werden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion irakische Flüchtlinge aus einer Kirche entfernt

STOCKHOLM taz | Empörung machte sich gestern in Dänemark in spontanen Demonstrationen Luft, nachdem 50 Polizeibeamte in Kampfausrüstung, mit Schlagstöcken und Schilden kurz nach Mitternacht gewaltsam in die Brorsons-Kirche im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro eingedrungen waren, um 35 irakische Asylsuchende festzunehmen.

Der Gemeindepfarrer Per Ramsland sprach von einem „schändlichen Tag für Dänemark und unsere ganze Gesellschaft“. Die in der Vergangenheit auch von der Polizei respektierte Regel, dass Kirchen heilige und geschützte Orte seien, sei erstmals gebrochen worden: „In meinen wildesten Fantasien habe ich mir so etwas nicht vorstellen können.“

Die IrakerInnen hatten sich zusammen mit anderen abgewiesenen Asylsuchenden bis zu 3 Monaten in der Brorsons-Kirche versteckt gehalten. Dänemarks Regierung sagt, sie habe zur Rückführung dieser Flüchtlinge ein Abkommen mit der irakischen Regierung getroffen. Menschenrechtsorganisationen und die UN-Flüchtlingshilfe UNHCR hatten aber die dänische Regierung aufgefordert, von der Abschiebung abzusehen. Sie weisen darauf hin, dass der irakische Premierminister Nuri al-Maliki zuletzt am Mittwoch erklärt hat, Irak habe mit keinem einzigen Land ein Rücknahmeabkommen geschlossen und werde keine Zwangsausgewiesenen entgegennehmen.

Einige der Kirchenflüchtlinge in Kopenhagen hatten sich schon seit zehn Jahren in Dänemark aufgehalten. Amnesty International hält alle 282 IrakerInnen, die Kopenhagen ausweisen will, für asylberechtigt.

Die Polizeibeamten drangen am Donnerstagmorgen um halb zwei in die Kirche ein. Pfarrer Ramsland und seine HelferInnen appellierten vergeblich, die Aktion abzubrechen, konnten aber lediglich erreichen, dass nur die 17 anwesenden Männer festgenommen wurden, während man den 13 Frauen und 5 Kindern erlaubte, sich zu entfernen. Die Polizei brach die Kirchentüren gewaltsam auf, Mobiliar ging zu Bruch. Ein Altartuch wurde zerrissen, elektrische Installationen und die Orgel beschädigt. An diese Gegenstände hatten sich nach Aussage des Pfarrers die verzweifelten Flüchtlinge geklammert und waren von den Polizeibeamten weggerissen worden.

Den Bruch des Kirchenasyls bezeichnete der sozialdemokratische Exministerpräsident Poul Rasmussen als „Gipfel der Unmenschlichkeit“. Flüchtlingsministerin Birthe Rønn Hornbech sagte, Dänemark habe zu lange Geduld gehabt. REINHARD WOLFF