Polizeiaufgebot hat Folgen

GROSSEINSATZ Die Räumung des besetzten Boehringer-Geländes hat ein Nachspiel. Die Grünen kritisieren das Großaufgebot von rund 1.000 Polizisten, mit denen 33 Tierversuchsgegner vertrieben wurden

Das Gedränge war so groß, dass die Einheiten per Straßenbahn zum Einsatzort fuhren

Die Räumung des Boehringer-Geländes in Hannover durch ein Großaufgebot der Polizei wird ein Nachspiel im Landtag haben. Die Grünen wollen klären, ob bei der Vertreibung der 33 Jugendlichen, die gegen ein geplantes Tierversuchszentrum des Chemiekonzerns protestierten, „Aufwand und Zweck nicht aus dem Ruder gelaufen sind“.

Sogar innerhalb der Polizei sorgt der Einsatz für Irritationen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter moniert, so etwas habe man früher „mit weit weniger Kräften bewältigt“. Auch der Bund der Steuerzahler bezweifelt „Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit“ des Einsatzes. Das Innenministerium teilt diese Zweifel nicht. „Wenn dabei etwas passiert, heißt es immer, es waren zu wenig Beamte da“, sagt Sprecher Klaus Engemann. Man habe zwar von der Truppenstärke gewusst, sich im Übrigen aber „nicht eingemischt“.

Die Einsatzpläne habe die zuständige Dienststelle gemacht, die Polizeiinspektion Hannover-Süd. Schätzungsweise 1.000 Einsatzkräfte hat die untergeordnete Leitstelle ohne ministerielle Rückendeckung demnach in Bewegung gesetzt. Aufmarschiert sind neben der Bereitschaftspolizei und Kriminalern auch Special Forces der Bundespolizei. Sie sollten einen Bahndamm sichern und im Bedarfsfall Protestler von Dächern und Bäumen klauben. Das Gedränge der Fahrzeuge vor dem Gelände war so groß, dass hannoversche Einheiten per Straßenbahn zum Einsatzort fahren mussten. Laut Polizeibericht war das Kräfteverhältnis bei Boehringer gerechtfertigt. Es seien „Barrikaden“, „Fallgruben“ und „Steindepots“ ausgespäht worden. „Damit war der friedliche Charakter nicht mehr gegeben“, sagt Polizeisprecher Stefan Wittke. Zuvor spazierten die Beamten täglich unbehelligt durch das Camp.

„Wir waren schön doof“, sagt Franka, eine der Besetzerinnen. „Wir haben geplaudert und denen sogar die Steine gezeigt. Die waren nicht zum Werfen, sondern für einen Backofen.“ MICHAEL QUASTHOFF