HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Von rheinischen Bauern und internationalen Athleten

ES GIBT DOCH NOCH HOFFNUNG: STATT KÜHE ZU HALTEN, ZIEHEN DIE BAUERN JETZT SOLARDÄCHER HOCH. UND WENN LEICHTATHLETEN NICHT GERADE UM DIE WETTE LAUFEN, FAHREN SIE IM ÖKOAUTO DURCH DIE HAUPTSTADT

Familie Leiers bewirtschaftet einen Bauernhof am Niederrhein. An der Kreisstraße haben die Leiers ein Schild aufgestellt und offerieren frische Eier und Schlachtkaninchen. Das eigentlich Interessante aber findet bei Egbert Leiers auf dem Dach statt. Der 40-jährige Nebenerwerbslandwirt hat nämlich eine Unmenge von Solarpaneelen auf seinen Stalldächern installiert und verdient beim Stromerzeugen richtig Geld.

Zwischen Wesel und Bocholt, wo die Bauern CDU wählen und ihr Geld bisher mit Milch und Ferkelaufzucht verdienten, hat die Photovoltaik Einzug gehalten. An jeder größeren Dorfstraße konnte ich beim Fahrradurlaub einen „Solarbauern“ entdecken. Und Biogasanlagen dazu.

Landhändler wie Wolfgang Schulte können schon neu kalkulieren. Früher habe der Milchbauer oft billige Gülle beim Schweinebauern gekauft statt teureren Kunstdünger bei ihm. Heute verkaufe der Güllebauer eher an die Biogasanlage und er werde den Kunstdünger besser los.

Den steil ansteigenden Solar- und Gülleindikator hätte ich für meinen Hauptjob als Chefredakteur bei Finanztest gut brauchen können. Wir haben nämlich in unserer Augustausgabe in einem Test den wirtschaftlichen Nutzen von Photovoltaikanlagen für Hausbesitzer errechnet. Das Ergebnis: bei einem ordentlichen Süddach mit 5 bis 7 Prozent Rendite eine lohnende Geldanlage.

Dabei hatten wir uns gleich zweifach verkalkuliert. Erstens hatten wir im Test angenommen, dass die Installation von einem Kilowatt Leistung auf dem Dach im Schnitt rund 4.000 Euro kostet. Das hatten uns die Experten im Frühjahr so bestätigt. Inzwischen sind es 3.600 Euro. Solarstromerzeugung ist im Laufe des Jahres ein noch besseres Geschäft geworden.

Zweitens sind wir vom Internetansturm auf den Test doch überrascht worden. Auf der Hitliste der meistgefragten Tests belegt er für Tage den ersten Platz.

Gestern Abend, als bei uns im Netz wieder einmal der Solaranlagentest vorn lag, habe ich neuen Mut geschöpft für unsere nachhaltige Entwicklung.

Zu den Bauern aus dem Rheinland und den Pfennigfuchsern vom Finanztest kommen nämlich aktuell auch noch die Leichtathleten aus aller Welt. Neulich radelte ich an einem Dutzend VIP-Kutschen der Leichtathletikweltmeisterschaft vorbei. Die WM in Berlin lässt ihre Stars und Sternchen in brandneuen Toyota Prius herumfahren.

Jedes der japanischen Autos bedeutet schon den ersten Weltrekord dieser WM: eine Familienkutsche, die pro Kilometer nur 89 Gramm CO2 ausstößt.

■ Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest und taz-Aufsichtsrat Foto: Karsten Thielker