Bush will Weltraum zum Schlachtfeld machen

US-Militärs basteln an einer neuen Verteidigungsstrategie, dem „Global Strike“. Das wird allerdings ziemlich teuer

WASHINGTON taz ■ Satellitengesteuerte Laserwaffen und Raumgleiter, deren Raketen in 45 Minuten jeden Ort der Erde erreichen können – so sehen US-Generäle die Zukunft der amerikanischen Verteidigungsstrategie. Ihr Name: „Global Strike“. Ihr Ziel: eine rasche militärische Überlegenheit im Weltraum zu erreichen.

Glaubt man den Angaben der New York Times von gestern, steht den USA ein folgenschwerer Politikwechsel ins Haus. Demnach drängt die US-Luftwaffe Präsident George W. Bush, in seiner bald zu erwartenden neuen Nationalen Sicherheitsrichtlinie den Weltraum als mögliches Schlachtfeld mit einzubeziehen. Dieser Schritt würde eine präsidiale Doktrin von Bill Clinton aus dem Jahre 1996 negieren, die eine überwiegend zivile Nutzung des Weltraums vorsieht.

Auch Bushs Order soll zunächst nicht direkt fordern, den Orbit zu militarisieren, sondern ihn für die eigenen Sicherheitsinteressen ungehindert nutzen zu können, was jedoch im Klartext eine neue Aufrüstung bedeutet. Dies dürften auch Verbündete der USA so sehen – von potenziellen Gegnern ganz zu schweigen. Hochrangige Militärs der EU, Kanadas, Chinas und Russlands haben bereits amerikanische Vorherrschaftsbestrebungen im Weltraum kritisiert.

Das gigantische technologische und finanzielle Projekt ist nach Ansicht von US-Militärs nicht durch internationale Verträge verboten, nachdem Bush 2002 aus dem Vertrag zur Begrenzung der Raketenabwehr ausstieg, der Waffenprogramme im Weltraum untersagte.

Bereits jetzt erforscht und testet das Pentagon mit Milliardenaufwand weltraumgestützte Waffentechnologien. „Wir haben zwar noch nicht den Punkt erreicht, vom Weltraum Bomben lenken zu können, aber wir denken über diese Möglichkeiten nach“, verkündete der ehemalige Air-Force-Chef Pete Teets jüngst auf einer Militärtagung.

Eine von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bereits kurz nach Bushs Amtsantritt im Januar 2001 einberufene Kommission empfahl, Waffensysteme im All zu installieren. Nun solle der anvisierte Strategiewechsel endlich von Bush abgesegnet werden.

General Lance Lord, der das Air-Force-Weltraum-Kommando leitet, forderte jüngst vor dem Streitkräfteausschuss des Kongresses, „eine amerikanische Überlegenheit im All zu errichten und aufrechtzuerhalten“. Und General James Cartwright, Chef des „US Strategic Command“, erklärte, das Ziel müsse sein, einen Angriff „möglichst schnell auszuführen, an jedem Punkt der Erde“.

Die Weltraumpläne werden offenbar auch deshalb vorangetrieben, da der Aufbau eines funktionsfähigen Raketenabwehrsystems auf der Erde bislang scheiterte – ein Projekt, in das rund 100 Milliarden Dollar versenkt wurden. Das Abenteuer im All dürfte nach Einschätzung von Experten zwischen 220 Milliarden und einer Billion Dollar kosten, das Pentagon nennt wohlweislich keine Zahlen. Solche Unsummen haben US-Militärplaner jedoch noch nie abgeschreckt, wie der Traum vom Raketenschutzschild zeigt.

MICHAEL STRECK