EU beschränkt Textilimporte

Weil China immer mehr Kleidung exportiert, hat Brüssel „Marktstörung“ festgestellt und reduziert die Einfuhr. Peking protestiert, signalisiert aber Entgegenkommen

BERLIN taz ■ „Das ist unfair!“ Mit diesen Worten reagierte der chinesische Handelsminister Bo Xilai gestern auf die Pläne der EU und der USA, Handelsbeschränkungen gegen Textilien aus China zu verhängen. „Wenn man sich auf ein Abkommen einigt, dann muss jeder seine Verpflichtungen einhalten.“ Damit bezog er sich auf die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Seit das Welttextilabkommen, das den Handel mit Kleidung und Garnen beschränkte, zu Jahresbeginn auslief, sind auch für diese Warengruppe die Grenzen offen.

Die westlichen Industrieländer berufen sich jedoch auf eine Ausnahmeklausel, auf die sich China bei seiner Aufnahme in die WTO 2001 einlassen musste. Wenn ein WTO-Mitglied eine Störung des heimischen Marktes feststellt, kann es China zwingen, den Zuwachs seiner Textilexporte auf 7,5 Prozent im Jahr zu begrenzen. Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres seien jedoch 187 Prozent mehr chinesische T-Shirts in die EU gelangt als im Vorjahr, beklagt die EU- Kommission. Besonders stark betroffen sind portugiesische Produzenten: Ihre Verkäufe reduzierten sich um die Hälfte.

Am Dienstag machte EU-Handelskommissar Peter Mandelson nun den ersten Schritt in Richtung Handelsbeschränkung. Die chinesischen T-Shirts und Leinengarne hätten bei den europäischen Herstellern zu „einem dramatischen Einbruch der Produktion, Rentabilität und Beschäftigung“ geführt, so Mandelson. Um „irreparable Schäden“ abzuwehren, seien Maßnahmen gegen die Importfluten gerechtfertigt. Gestern schob Kommissionspräsident José Manuel Barroso dann noch eine Drohung hinterher: Falls China nicht konstruktiv mit der EU zusammenarbeite, werde es „in den nächsten Wochen eine Entscheidung geben“. Dem Branchenverband Euratex zufolge stellt die Branche sieben Prozent aller Arbeitsplätze in der EU.

Zuvor hatten schon die USA die Einführung von Höchstquoten für die Einfuhr von Baumwollhosen, -hemden und -unterwäsche aus China angekündigt. Um 1.250 Prozent habe der Import von Hemden im ersten Quartal zugenommen – für die US-Regierung ein klarer Fall von Marktstörung.

Handelsminister Bo hielt den westlichen Industrieländern vor, sie seien selbst schuld an der Misere. Bis zuletzt hätten sie es sich hinter Handelsbarrieren bequem gemacht, statt schrittweise die Mengenbeschränkungen aufzuheben, um sich auf das Ende des Welttextilabkommens einzustellen. Doch es gibt Anzeichen für eine Kompromissbereitschaft auf chinesischer Seite. Schon kurz vor dem Ablauf des Welttextilabkommens hatte die Regierung Exportzölle eingeführt, durch die Kleidung und Garne künstlich verteuert wurden. Vergangene Woche verlautete nun aus dem Verband der Textilhersteller in China, dass vielleicht schon bald die Exportzölle noch weiter angehoben werden könnten. NICOLA LIEBERT