Tabellenstand im Gesicht

Wenn dein Kumpel so aussieht: Ringe unter roten Augen, unrasiert, grau, Tränensäcke, Falten, die vor ein paar Tagen noch keine waren, dann fragst du: „Alles gut?“ Thorsten Fink, Trainer des Hamburger SV sieht so aus, und die Frage, ob alles gut ist, erübrigt sich. Der HSV sitzt, nach einer 1:2-Niederlage beim VfL Wolfsburg, mit 27 Punkten auf Rang 16 der Tabelle, punktgleich mit dem 15., dem FC Augsburg, einen Punkt vor Hertha BSC.

Der HSV versucht, eine Trainerdebatte zu vermeiden. Carl-Edgar Jarchow, der Vorstandsvorsitzende, sagt am Samstag nach einem Gespräch mit Fink: „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir das richtige Trainerteam haben, wir haben es mit ihm geschafft, aus dem Tabellenkeller zu kommen. Jetzt haben wir einen Rückschlag erlitten und müssen sehen, dass wir dies wieder umdrehen.“ Über den Inhalt der Unterredung mit Fink sagt Jarchow nichts. Er macht sich Sorgen: „Der Abstand wird immer geringer. In erster Linie müssen die Ergebnisse besser werden. Gegen Kaiserslautern muss der Trend umgedreht werden.“ Auf den FCK trifft der HSV nächsten Samstag.

Der HSV war, mit Heiko Westermann, Dennis Aogo, Tomás Rincón, Marcell Jansen und Marcus Berg, besser als zuletzt. Berg machte sein erstes Saisontor. „Unser Auftritt war sehr gut und engagiert. Wir haben unglücklich verloren. Die Mannschaft hat den Kampf angenommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir da rauskommen“, sagt der zerknitterte Fink.

Ein paar, die den HSV nicht mögen, machen unheimlich lustige Sachen: Dichten das Lied von Lotto King Karl „Hamburg, meine Perle“ auf Zweite Liga um, basteln Fotomontagen mit Dinosauriern und untergehenden Schiffen. Trainingskiebitze, denen Mikrofone vor die Nase gehalten werden, unterstellen der Mannschaft Probleme: mangelnde Willensstärke und Charakter.

Fink macht den Eindruck, als ob er wenig schläft, nachts am Fenster sitzt, auf die Straße starrt, Albträume hat, in der Wohnung herumtigert, Aufstellungen auf Papier malt, und dann zerknüllt. Stabilitätsfaktor ist Sportdirektor Frank Arnesen: „Wir haben heute alles gegeben. Wir waren im Spiel auf Augenhöhe mit Wolfsburg und ein Unentschieden wäre gerecht gewesen“, sagt er, „wichtig ist für die Mannschaft, diese Einstellung mitzunehmen. Gelingt uns das, wovon ich definitiv ausgehe, werden wir auch die Punkte holen.“ Arnesen spürt, dass im Umfeld viele aufgegeben haben: „Wir brauchen keine Panik, wir brauchen Erfahrung und die habe ich und die hat das Trainerteam genauso wie die Mannschaft.“ Ihm glaubt man das, Arnesen sieht nicht nach Panik aus.  ROR