Nach dem Uefa-Cup-Sieg ist vor der Reform

Die Spielerinnen des FFC Turbine Potsdam gewinnen mit 3:1 gegen Stockholm den wichtigsten europäischen Vereinspokal der Frauen. Ihr Trainer Bernd Schröder sucht längst nach neuen Wegen, den Wettbewerb zu reformieren

Wenn Funktionäre zum Feiern kommen, haben sie nicht selten weibliche Begleitung an der Hand. Dass dies selbst auf höchster DFB-Ebene nicht gekünstelt aussehen muss, stellte Theo Zwanziger am Samstag im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion eindrucksvoll unter Beweis. Die Begleitung des geschäftsführenden Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hielt es schon während der 90 Minuten des Uefa-Cup-Finalrückspiels zwischen Turbine Potsdam und Djurgarden/Alvsjö Stockholm kaum auf ihrem Ehrensitz.

Nicht zu halten war die in Altrosa Gekleidete dann kurz nach 15 Uhr: Auf dem eilig für den neuen Uefa-Cup-Champion zusammengesteckten Siegerpodest tänzelte sie im Kreis der Turbine-Kickerinnen mindestens so freudestrahlend, wie es ihr die Potsdamerinnen im „So sehen Sieger aus“-Takt nach dem 3:1-Triumph gegen den schwedischen Meister vormachten. „Sie ist die Glücksbringerin von Turbine. Vier oder fünf Spiele hat sie bisher gesehen, und alle hat Potsdam gewonnen“, sagte Zwanziger lächelnd in Richtung der jungen Dame, in deren Schlepptau er sich wenig später den Weg zur Pressekonferenz bahnte. Gemeint war die vierjährige Enkelin der sympathischen Hälfte der DFB-Doppelspitze. Erst im Presseraum rückte sie in den Hintergrund. Dort war die Bühne für die andere Hauptperson des Nachmittags bereitet: Turbine-Trainer Bernd Schröder.

Bis dahin war es dem Vater des Potsdamer Frauenfußballs gelungen, sich aus dem ganz großen Trubel herauszuhalten und dabei sogar den häufigen Sektduschen zu entgehen. So selbstverständlich wie die Gelassenheit des Fußballlehrers allerdings wirkte, so mühsam hatte sich Schröder zur Selbstdisziplin gezwungen: Drei Minuten vor Schluss des durch Tore von Petra Wimbersky und Conny Pohlers früh entschiedenen Uefa-Cup-Finales war er in die Katakomben geflüchtet, um sich dort auf die Aufgaben vorzubereiten, die nach der offiziellen Uefa-Zeremonie folgen sollten. Allerdings: Einen DFB-Präsidenten, der ihm den Beginn einer persönlichen Freundschaft ankündigte und dann die Verdienstnadel des DFB anheftete, konnte selbst der starke Mann des deutschen Frauenfußballs nicht erwartet haben.

Schröder wäre aber nun nicht Schröder, hätte er diesen Ritterschlag nicht spontan ausgenutzt. Zum Ende seines Interview-Marathons zur Zukunft des gerade gewonnenen wichtigsten Vereinswettbewerbs des internationalen Frauenfußballs referierte er: „Zuerst sollte der Cup endlich den Namen Champions League bekommen. Und dann müssen wir nach der EM mit dem DFB überlegen, wie wir den Wettbewerb weiter aufwerten können.“

Die Verantwortung für die Reform des erst vier Jahre alten Uefa Women’s Cup sieht der Potsdamer aufseiten des amtierenden Welt- und Europameisters. Und damit auch auf seinem Schreibtisch, wo in über drei Jahrzehnten auch der nun vorerst vollendete Triumphzug des FFC Turbine konzipiert wurde. Die Vision: Schröder will neben der Bundesliga einen internationalen Wettbewerb installieren, der an Qualität gewinnen soll, indem die führenden Ligen mehr Teilnehmer stellen dürften. „Aus Deutschland gehört der Vizemeister und vielleicht noch der Pokalsieger in eine solche Runde“, bestätigt Schröder.

Im gleichen Atemzug betonte er, dass dafür aber noch einiges an Aufbauarbeit zu leisten sei. „Die vielen leeren Stadien und auch die mangelnde Qualität einiger Erstrunden-Teilnehmer, die nicht geradeaus laufen können, sind einfach schwer zu vermarkten“, erklärte der 62-Jährige. Auch in dem Wissen, dass die gefeierte Rekordzuschauerzahl von 8.664 sowie die grandiose Stimmung im Karl-Liebknecht-Stadion selbst für die neue Hauptstadt des europäischen Frauen-Vereinsfußballs nur eine Momentaufnahme bleiben wird.

MATHIAS LIEBING