Der Herr der vielen Konjunktive

Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) gibt weitere drastische Steuerausfälle für Hamburg bekannt. Regierung will im November einen Nachtragshaushalt für 2006 vorlegen. Spätestens dann drohen auch neue Sparmaßnahmen

Von Markus Jox

Als Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) auf der gestrigen Landespressekonferenz gut gelaunt die millionenschwere Mittelstandsförderung der Regierung feierte, saß der Finanzsenator unter den Zuhörern und warf seine Stirn in Falten. Als Uldall fertig war, schritt Wolfgang Peiner (CDU) nach vorn, griff seinem Kollegen herzhaft an die Schulter, bleckte die Zähne, raunte etwas von „klarer Geschäftsverteilung im Senat“ – und gab weitere dramatische Steuerausfälle bekannt.

Breche man die bundesweite Mai-Steuerschätzung auf Hamburg herunter, nehme die Hansestadt von 2005 bis 2008 rund 1,1 Milliarden Euro weniger Steuern ein als noch im vergangenen Jahr erwartet. Die Schuld an den „Mindereinnahmen“ schob Peiner diesmal nicht – wie noch nach der letzten Steuerschätzung im November 2004 – auf hohe Zahlungen Hamburgs in den Länderfinanzausgleich. Diesmal war es die „verfehlte Arbeitsmarktpolitik“ der rot-grünen Bundesregierung, die „nicht nur zu schweren Einzelschicksalen geführt“, sondern auch „spürbare Einbrüche bei der Lohnsteuer“ verschuldet habe. Gleichwohl beharrte er auf dem Ziel, 2006 einen ausgeglichenen Betriebshaushalt vorzulegen.

Für das kommende Jahr werde die Regierung deshalb nach der Steuerschätzung im November 2005 einen Nachtragshaushalt in die Bürgerschaft einbringen, kündigte der Senator an. „Haushaltsverbesserungen“ erwarte er durch „eine voraussichtlich bessere Entwicklung der Zinsausgaben, Hartz IV, die nicht unwahrscheinliche Erhöhung der Beiträge Nordrhein-Westfalens in den Länderfinanzausgleich sowie eine möglicherweise positivere Entwicklung der Gesamtwirtschaft“, flüchtete sich Peiner in eine Konjunktiv-Kaskade. Eine Flucht in wachsende Neuverschuldung verbiete sich: „Es bleibt das Markenzeichen christlich-demokratischer Politik, solide Haushalte vorzulegen.“ Deshalb werde man „eine etwaige Differenz durch weitere Konsolidierungsschritte im November schließen“. Auf den Vorhalt, Bürgermeister Ole von Beust habe doch weitere Belastungen von Familien ausgeschlossen, replizierte Peiner trocken: „Das hat er unter dem Vorbehalt gesagt, dass es keine weiteren heftigen Steuermindereinnahmen gibt.“

Sprach‘s, stand auf und überließ die Bühne seinem Staatsrat Detlef Gottschalck, der – mal eben so – eine Zehn-Millionen-Euro-Spritze des Senats für den Tierpark Hagenbeck aufzog. Mit dem Geld, das aus dem Sonderinvestitionsprogramm entnommen werden soll, werde ein „Troparium“ mit Haien und Krokodilen gebaut. Das sei ein „Baustein zur familienfreundlichen Stadt“.

Die SPD-Opposition reagierte skeptisch auf die Äußerungen des Finanzsenators. „Es zeigt sich jetzt, dass Peiners Politik immer auf viel zu optimistischen Steuerschätzungen aufgebaut war“, sagte Finanzexperte Walter Zuckerer. „Lautes Pfeifen im Wald“ machte GAL-Haushaltsexperte Willfried Maier bei Peiner aus. Ein ausgeglichener Haushalt 2006 sei „in weiter Ferne“.