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Geflüchtetenunterkunft in LichtenbergZuflucht im Leerstand

Das City Hotel Berlin East an der Landsberger Allee wird ab November zur Geflüchtetenunterkunft. In der Nachbarschaft herrscht Unmut darüber.

Ein neues Zuhause für Hunderte: das City Hotel Berlin East an der Landsberger Allee Foto: IMAGO/ Jürgen Ritter

Berlin taz | Berliner Boulevardzeitungen titeln: „Asyl-Hotel in Lichtenberg“. Bei der rechtsextremen Zeitung Junge Freiheit heißt es: „Vom Luxushotel zum Flüchtlingsheim“. Gemeint sind drei Hochhäuser an der Landsberger Allee in Hohenschönhausen: Das ehemalige Hotel Berlin City East. Hier soll ab Anfang November eine Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete entstehen. Die Unterbringung soll laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sukzessiv erfolgen. Bis Sommer 2025 soll das Hotel zur Gemeinschaftsunterkunft umgebaut werden. Danach soll die Unterkunft 1.200 Menschen beherbergen können.

Damit soll auch das restlos überfüllte „Ankunftszentrum“ in Tegel entlastet werden, in dem menschenunwürdige Zustände herrschen. Ziel ist es auf Dauer „Gemeinschaftsunterkünfte mit den gesetzlichen Mindeststandards zu schaffen“, so Sascha Langenbach, Sprecher vom LAF. Diese betragen 9 Quadratmeter für Einzelpersonen und 15 für zwei. Im ehemaligen Hotel, dass das Land Berlin dafür angemietet hat, wartet also alles andere als ein „Luxushotel“, sondern Hotelzimmer aus denen die Kingsizebetten entfernt und durch Aluminiumbetten, meist mehrstöckig, ausgetauscht wurden. „Wir schenken niemanden etwas. Wir machen keine Luxuswohnungen“, versichert Langenbach am Mittwochabend bei einer Informationsveranstaltung in den Räumen des ehemaligen Hotels.

Denn bei den An­woh­ne­r*in­nen rund um den Komplex ist der Unmut groß. Dennis Haustein, der für die CDU im Abgeordnetenhaus sitzt, hatte deswegen zum Informationsabend geladen. Mit dabei war auch Bezirksbürgermeister Martin Schaefer, (ebenfalls CDU) sowie Albrecht Broemme, Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten. Vor einem brechend vollen Saal standen sie den rund 200 größtenteils besorgten Bür­ge­r*in­nen Rede und Antwort. Die ein oder andere Sorge kann die Veranstaltung aus dem Weg schaffen, doch die Stimmung im Saal bleibt durchweg aufgeheizt. Die Red­ne­r*in­nen werden unterbrochen, es wird geraunt und geschnaubt. Ab und zu verlassen Be­su­che­r*in­nen wütend den Saal.

Eine Lichtenberger Rentnerin sagt zur taz, dass sie sich übergangen fühlt. Von der Unterkunft habe sie, wie die meisten Anwohner*innen, erst durch die Presse erfahren. Außerdem bereitet den Anwesenden die nötige soziale Infrastruktur rund um die Landsberger Allee Sorge. Auch die Frage, was mit dem Ärtzehaus passiert, das sich im Hotelkomplex befindet, beschäftigt viele. Diesbezüglich schafft Sozialstadträtin Catrin Gocksch (CDU) Klarheit: Die Ärt­zt*in­nen werden bleiben. Das hätten sowohl die Ärt­zt*in­nen selbst als auch der Vermieter versichert.

Mit Vorurteilen aufräumen

Im Laufe des Abends werden die Pläne für das Areal immer klarer: Es soll eine Schule geben, die die Senatsverwaltung gemeinsam mit dem Bezirksamt einrichten will und in den nächsten Jahren sollen rund um die Hotelanlage ein Spielplatz, Basketballplatz sowie ein Sportbereich geschaffen werden, erklärt Haustein. Diese Orte sind nicht exklusiv für die Be­woh­ne­r*in­nen der Unterkunft, sondern für die gesamte Nachbarschaft. Ab November wird es laut Langenbach vom LAF eine aufsuchende Sozialarbeit für die Be­woh­ne­r*in­nen der Unterkunft geben.

Dass die Einrichtung von Geflüchtetenunterkünften als massiver Eingriff in die Nachbarschaft verstanden wird, ist laut LAF-Sprecher Langenbach ein „sich wiederholendes Momentum“. Daher ist es wichtig „mit einer maximalen Transparenz und fundierten Fakten an die Öffentlichkeit zu treten“.

Auch Lara Schmidgall, Projektmitarbeiterin im Bürgertreff Gemeinsam im Kiez leben, berichtet, dass im Nachbarschaftszentrum viel über die künftige Unterkunft gesprochen werde. Es sei wichtig, das Gespräch zu suchen, so Schmidgall. Erfahrungsgemäß könnten damit Vorurteile ausgeräumt werden. Zugleich könne dann verdeutlicht werden, dass soziale Probleme wie beispielsweise eine schlechte Nahversorgung im Kiez nicht durch Geflüchtete verursacht werden, sondern sozialpolitischer Natur sind.

Rassistische Anfeindungen und rechte Hetze

Sina Prasse vom Nachbarschaftsprojekt BENN („Berlin entwickelt Neue Nachbarschaften“) vergegenwärtigt die aktuelle Lage im Bezirk: „Die Stimmung verändert sich und Geflüchtete berichten wieder viel mehr von offenen Anfeindungen.“ Der Bedarf an Unterstützungsangeboten für Geflüchtete nehme daher zu. Zudem brauche es ausreichend Ressourcen, um einerseits Rassismus und andererseits der organisierten extremen Rechten in Lichtenberg begegnen zu können. Gleichzeitig müsse das Projekt seiner Funktion als Anlaufpunkt für die Nachbarschaft weiter nachkommen können.

Mit Blick auf die aktuelle Stimmungsmache gegen die geplante Unterkunft sagt auch Jana Adam, die beim Register Lichtenberg arbeitet, das rechtsextreme Vorfälle im Bezirk erfasst: „Rassismus kommt nicht erst mit Geflüchteten, sondern er wird dann nur sichtbar.“ In Lichtenberg bleibt die Zahl der dokumentierten rassistisch motivierten Angriffe fortwährend hoch. Bereits in der Vergangenheit hatte die extreme Rechte mit Protesten gegen Geflüchtete mobilisiert. So wurde 2015 von Neonazis unter dem Motto „Nein zum Heim“ eine Welle rassistischer Gewalt eingeleitet. „Wir gehen davon aus, dass es auch jetzt ein gewisses Mobilisierungspotential gibt“, vermutet Adam. Daher sei es wichtig, rassistische Stimmungsmache früh genug zu erkennen.

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