+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Erneut UN-Soldat im Libanon verletzt

Chefin von Amnesty Deutschland kritisiert Nahost-Politik. Hisbollah beschießt Israel während Jom Kippur. Unklare Lebensmittel-Situation im nördlichen Gazastreifen.

Aufnahme von oben. Menschen gehen hintereinander auf einem schmalen Weg durch eine steinige, staubige Öde.

Menschen auf dem Weg von Südlibanon nach Syrien Foto: Hassan Ammar/AP/dpa

Vereinte Nationen: Erneut UN-Soldat im Libanon verletzt

BEIRUT Am Hauptquartier der UN-Mission Unifil im Libanon ist nach deren Angaben erneut ein UN-Soldat durch Beschuss verletzt worden. „Wir wissen bisher nicht, woher der Beschuss kam“, teilte Unifil mit. Der Blauhelmsoldat sei am Hauptquartier in Nakura im Grenzgebiet mit Israel von Schüssen getroffen wurden wegen „laufender militärischer Einsätze in der Nähe“. Dem Soldaten sei im Krankenhaus eine Kugel entfernt worden und sein Zustand sei stabil.

Bei einem weiteren Vorfall sei ein Gebäude an einem UN-Posten in Ramja weiter östlich von Nakura stark beschädigt worden. Es sei dort bei nächtlichem Beschuss zu Explosionen gekommen.

Der Verletzte in Nakura ist den Angaben zufolge bereits das fünfte Opfer in den Reihen der UN-Beobachtermission Unifil im Libanon innerhalb weniger Tage. Für den ersten Beschuss am Donnerstag machte Unifil die israelische Armee verantwortlich. Diese beschuldigte dagegen die Hisbollah-Miliz, Gegenden in der Nähe von UN-Stützpunkten für ihre Zwecke zu missbrauchen. (dpa)

EU-Chefdiplomat: UNRWA muss Arbeit fortsetzen können

BRÜSSEL Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert die israelischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass das UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) seine Arbeit fortsetzen kann. Die EU sei besorgt über einen Gesetzesentwurf im israelischen Parlament, der das verhindern könnte, teilte der Chef-Diplomat mit. Das Hilfswerk versorge Millionen von Menschen in der gesamten Region mit lebenswichtigen Dienstleistungen.

Das israelische Parlament will ein Gesetz auf den Weg bringen, um das UNRWA als Terrororganisation einzustufen und so laut Medienberichten seine Arbeit auf israelischem Territorium zu verbieten. Es könnte in Kürze verabschiedet werden.

Israel wirft dem Palästinenserhilfswerk im Gazastreifen vor, von der islamistischen Terrororganisation Hamas unterwandert zu sein. Mehrere Mit­ar­bei­te­r*in­nen der Organisation sollen demnach auch in das Massaker vom 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen. Auch die UN kam zu dem Schluss, dass Mit­ar­bei­te­r*in­nen mit großer Wahrscheinlichkeit am Terror gegen Israel beteiligt waren. (dpa)

Chefin von Amnesty Deutschland kritisiert Nahost-Politik der Bundesregierung

BERLIN Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, hat die Nahost-Politik der Bundesregierung scharf kritisiert. „Die Bundesregierung hat diesen ganzen Konflikt hindurch eine einseitige Parteinahme zugunsten Israels vorgenommen“, sagte Duchrow am Samstag im Deutschlandfunk. „Das schadet den Menschenrechten und dem Völkerrecht.“

Amnesty beobachte, „dass das humanitäre Völkerrecht, an das Israel gebunden ist, nicht eingehalten wird“, sagte Duchrow. „Wir haben das Vorgehen der Hamas als Kriegsverbrechen benannt.“ Dies entbinde aber Israel nicht von seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen.

Die Amnesty-Funktionärin kritisierte zudem die Argumentation mit der sogenannten Staaträson, zu der die Bundesregierung die Sicherheit Israels zählt. „Die Staatsräson, so wie sie jetzt von der Bundesregierung immer wieder nach vorne gestellt wird, stellt sich über das Recht, über das Völkerrecht, zu dem sich die Bundesregierung verpflichtet hat“, sagte Duchrow. Damit untergrabe die Staatsräson das Recht letztlich.

Zur Frage, welches Vorgehen jetzt sinnvoll sein, sagte Duchrow, „man muss sich einsetzen für einen Waffenstillstand. Es braucht einen Waffenstillstand und einen Stopp von Waffenlieferungen.“ Dies diene dem Schutz der Zivilbevölkerung und dem Schutz der von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln.

Die aktuelle Haltung der Bundesregierung werde „langfristige Folgen haben“, warnte Duchrow. „Wir erleben, das internationale Organisationen, aber auch andere Staaten sich von Deutschland abwenden und die Zugänge, die wir hatten im politischen Bereich, dadurch auch geschlossen werden“, sagte die Amnesty-Generalsekretärin.

Der Menschenrechtsorganisation wird immer wieder zur Last gelegt, einseitig israelkritisch zu sein. Duchrow wies das zurück. „Unsere Grundlage sind die Menschenrechte und die gelten universell“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Wir sind da wirklich parteilos.“ (afp)

Angriffe aus Libanon auf Israel am hächsten Feiertag

TEL AVIV/BEIRUT Während in Israel Menschen den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur begehen, hat es erneut Angriffe aus dem Libanon gegeben. Unter anderem in der Küstenstadt Haifa wurde laut der israelischen Armee Raketenalarm ausgelöst. Grund dafür waren demnach zwei aus dem Nachbarland gestartete Drohnen. Diese seien abgefangen worden.

Auch andernorts heulten in Nordisrael wieder die Sirenen. Insgesamt seien seit dem Morgen rund 40 Geschosse aus dem Nachbarland registriert worden, teilte das israelische Militär mit. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht. Die Hisbollah im Libanon reklamierte mehrere Angriffe für sich.

Seit Freitagabend begehen Menschen in Israel Jom Kippur (Tag der Sühne, Friedensfest). Gläubige fasten und erhoffen sich die Vergebung ihrer Sünden. Fernseh- und Radiostationen unterbrechen ihre Sendungen. Geschäfte, Kinos, Bars und Restaurants bleiben geschlossen.

Bis auf Polizeiwagen und Rettungsdienste fahren am höchsten jüdischen Feiertag außerdem keine Autos. Überall im Land sind deshalb viele Menschen und Kindergruppen mit Fahrrädern, E-Scootern und zu Fuß auf Straßen und sogar Autobahnen unterwegs.

Die Hisbollah hatte nach dem Großangriff der mit ihr verbündeten islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 mit permanenten Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Die israelische Armee ging danach massiv gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Seit September konzentriert das israelische Militär einen erheblichen Teil seiner Kräfte auf den Kampf gegen die Hisbollah im Libanon. (dpa/afp)

Unklare Situation bei Lebensmittellieferungen im Norden des Gazastreifens

KAIRO Nach Angaben des Welternährungsprogramms WFP gelangen seit Anfang des Monats keine Lebensmittelhilfen mehr in den Norden des Gazastreifens. Der wichtigste Grenzübergang in das Gebiet sei seit etwa zwei Wochen geschlossen, teilte das WFP am Samstag mit.

„Der Norden ist praktisch abgeschnitten, und wir können dort nicht arbeiten“, sagte WFP-Gebietsdirektor Antoine Renard. Zentren zum Verteilen Lebensmitteln, Küchen und Bäckereien hätten wegen Luftangriffen, Militäreinsätzen am Boden und Evakuierungsbefehlen geschlossen werden müssen.

Das WFP teilte mit, seine letzten verbliebenen Lebensmittelvorräte im Norden seien an Notunterkünfte, Gesundheitseinrichtungen und Küchen in Gaza-Stadt und Umgebung verteilt worden. Wie lange sie noch reichen werden, sei unklar.

Israel hat dagegen betont, es habe Lebensmittel und andere Hilfsgüter in beträchtlichen Mengen nach Gaza geliefert. „Israel hat die Einfuhr oder die Koordinierung von humanitären Hilfen, die von seinem Territorium in den nördlichen Gaza-Streifen gelangen, nicht gestoppt“ versicherte die Militärbehörde Cogat, die die Verteilung von Hilfsgütern überwacht, am Mittwoch. „Die von Cogat und internationalen Organisationen koordinierte humanitäre Hilfe wird auch in den kommenden Tagen in den nördlichen Gazastreifen gelangen.“ (ap)

Israelische Armee warnt Bewohner des Südlibanon vor Rückkehr in ihre Häuser

JERUSALEM Die israelische Armee hat die Ein­woh­ne­r*in­nen des Südlibanon angesichts der anhaltenden Kämpfe mit der Hisbollah-Miliz davor gewarnt, in ihre Häuser zurückzukehren. Israelische Truppen zielten weiterhin auf „Hisbollah-Stellungen in oder in der Nähe“ ihrer Dörfer, erklärte Armeesprecher Avichay Adraee am Samstag im Onlinedienst X. „Kehren Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit nicht in Ihre Häuser zurück, bevor es neue Anweisungen gibt“, hieß es weiter. Wer in den Süden gehe, riskiere sein Leben, warnte Adraee.

In einem weiteren Beitrag bei X wiederholte Adraee einen früheren Aufruf an medizinisches Personal im Südlibanon, keine Krankenwagen zu benutzen, da diese angeblich von Hisbollah-Kämpfern benutzt werden. „Wir fordern die medizinischen Teams auf, den Kontakt mit Hisbollah-Mitgliedern zu vermeiden und nicht mit ihnen zusammenzuarbeiten“, erklärte der Armeesprecher. Die israelische Armee ergreife „die notwendigen Maßnahmen gegen jedes Fahrzeug, das bewaffnete Personen transportiert, unabhängig von seiner Art“, warnte er.

Israel und die pro-iranische Hisbollah im Libanon liefern sich an der Grenze heftige Gefechte, die sich in den vergangenen Wochen noch deutlich verschärft haben. Die mit der islamistischen Hamas verbündete Hisbollah hatte direkt nach dem Großangriff der palästinensischen Hamas auf Israel aus dem Gazastreifen heraus eine zweite Front an der israelisch-libanesischen Grenze eröffnet. Ende September startete Israel dort eine Bodenoffensive gegen die Hisbollah. (afp)

Israel erneuert Evakuierungsbefehl im Norden des Gazastreifens

KAIRO Das israelische Militär hat Menschen im nördlichen Gazastreifen erneut zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert. Die Ein­woh­ne­r*in­nen aus dem Viertel Scheich Radwan in Gaza-Stadt, Teilen des Flüchtlingslager Dschabalia und anderen Gebieten sollten sich nach Süden begeben, schrieb Militärsprecher Avichai Andraee am Samstag im Kurznachrichtendienst X. Sie sollten in Richtung Muwasi ziehen, einem dicht besiedelten Gebiet im südlichen Gazastreifen, das vom Militär als humanitäre Zone ausgewiesen worden ist.

Das Militär wies auch die drei wichtigsten Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen an, Pa­ti­en­t*in­nen und medizinisches Personal zu evakuieren. Bereits die ganze Woche über hatte es Kämpfe in und um Dschabalia gegeben. Israelische Kampfflugzeuge und Geschütze beschossen das Gebiet. Die Menschen dort sagten, sie seien in ihren Häusern und Unterkünften eingeschlossen. (ap)

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