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Steffen Grimberg Flimmern und RauschenGib mir die Maus zurück! Bevor sie auseinanderbricht!

Foto: Regentaucher

Der öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine humorlose Angelegenheit. Den neuesten Beweis dafür liefert gerade der WDR. Da hat Campact die Maus-Figur, die üblicherweise vor dem Vierscheibenhaus des WDR in der Kölner Innenstadt herumlungert, mitgenommen. Sie soll beim Protest gegen die Sparmaßnahmen unterstützen, die bei der Reform von ARD und ZDF drohen.

Die gemeinsame Reise ging erst nach Mainz zum Lerchenberg. Ein Foto zeigt die Maus vor dem ZDF-Hauptquartier mit dem üblichen verschmitzten Gesichtsausdruck und ’nem Schild. „Keine Kürzungen bei ARD und ZDF“, steht darauf. Fürs Deutschlandradio war mal wieder kein Platz, aber das kommt ja ziemlich ungeschoren davon. Jedenfalls, wenn die bislang vorliegenden Reformpläne stimmen. Und was macht der WDR? Statt sich über positive Aufmerksamkeit zu freuen und sich nach dem Motto „Können wir doch nichts für“ zurückzulehnen, reagiert der Sender bierernst. „Die Maus-Statue wurde ohne Zustimmung des WDR entfernt“, schreibt der Sender. Und dass die Maus aus Sicht des WDR „nicht für politische Kampagnen benutzt“ werden darf. Das ist natürlich ein bisschen plietsch, weil nicht nur der WDR ständig mit der Maus Kampagne macht. Sie ist mindestens so Ikone für die Öffentlich-Rechtlichen wie die andere große WDR-Figur Tom Buhrow. Und spätestens heutzutage ist bekanntlich alles politisch. Das weiß niemand besser als Buhrow selbst. Der war 2022 von einem seiner Berater entwendet worden und stand plötzlich vor dem Übersee-Club in Hamburg. Dort hat er eine höchst politische „Ruck-Rede“ gehalten und die Revolution im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgerufen, Einsparungen inklusive. Dafür gab’s zwar noch keine Statue vor dem Vierscheibenhaus, aber das kann ja noch kommen.

Wer jemals die anarchisch-kindliche Kraft der Maus in der gleichnamigen Sendung erlebt hat, dürfte auch keine Zweifel haben, auf welcher Seite sie selbst bei der ganzen Diskussion steht. Wie lustvoll könnte der WDR also auf seine Maus setzen, „zum Beispiel nach 50 Jahren mit einer eigenen Lach-und-Sach-Son­der­sendung zur ÖRR-Maus“, meint die Mitbewohnerin. „Stattdessen darf sie nicht mal ein bisschen durchs Land tingeln wie im Jahr 2000, als sie bei der Expo im deutschen Pavillon für die BRD warb.“

Am Donnerstag war die Maus dann in Magdeburg beim Landtag von Sachsen-Anhalt, der ein ganz spezielles Verhältnis zum ÖRR hat. Wäre ja schön, wenn sie es auch bis Erfurt schafft. Um gemeinsam mit Bernd, dem Brot, darüber aufzuklären, was AfD-Frontmann Björn Höcke mit den Medien wirklich vorhat. Aber der WDR bleibt stur. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Maus schnellstmöglich und wohlbehalten wieder an ihren Platz zurückkehrt.“ Großzügig wie er ist, sieht er immerhin „noch keinen Anlass einen Strafantrag zu stellen“, hält sich diesen Weg aber offen. Wie unlustig!

Steffen Grimberg ist leitender Redakteur beim KNA-­Mediendienst

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