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wortwechselFrustrierte und enttäuschte Grüne

Die absolute Lieblingspartei gibt keine Hoffnung mehr, weil es nicht mehr stimmt zwischen Mitgliedern und der Realpolitik. Und: Statt Flugangst lieber nicht fliegen!

Irgendetwas fehlt bei den Grünen … Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Rücktritte bei den Grünen

„Die grüne Regierungspolitik frisst ihre Kinder“ und „Die Grünen dürfen nicht in ihre alte Lagerlogik verfallen, findet Daniel Mack

taz vom 27. 9. 24 und 7. 10.24

Die vom hessischen Grünen Mack angeführten Erfolge der ersten Grünen Regierungsbeteiligung im Bund mit den MinisterInnen Fischer, Trittin und Künast waren nicht eine positive Reform des Sozial­staates, sondern in nackter Wirklichkeit die völlig unsozialen Hartz-Gesetze für „moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ wie Zeitarbeit, Billigjobs und Ich- AGs sowie Nato/Bundeswehr- Bomben auf Personenzüge in Serbien. Es war die Zeit, als nicht nur ich nach über 10 Jahren nicht einfacher ehrenamtlicher Kommunalpolitik-Arbeit frustriert und enttäuscht meine absolute Lieblingspartei, in die so viele Menschen Hoffnung gesteckt hatten und die bis heute inhaltlich in der Theorie überzeugt, verlassen habe. Als ich nun die Begründungen der Grüne-Jugend-Vorsitzenden Katharina Stolla und Svenja Appuhn für ihren Rücktritt gelesen habe („weil die Grüne Partei nicht bereit ist, sich mit den Reichen und den Konzernen anzulegen, um die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend zu andern, und stattdessen Sozialkürzungen und Asylrechts-Verschärfungen mitträgt und somit die gesellschaftliche Spaltung fördert“), kam mir altem Boomer gar eine Träne des Mitfühlens auf meine Wange. Wir werden unseren Enkeln erklären müssen warum wir nicht den Klima-GAU verhindern konnten. Die Grünen Inhalte sind richtig, aber sie müssen auch erkämpft werden gegen immense Widerstände – und dazu braucht es mutige, selbstlose und idealistische Realpolitiker. Aber eines kann unserer gescheiterten 68er-, Hippie-, Sponti- und Punkgeneration keiner nehmen. Wir haben die beste Tageszeitung Deutschlands, der Welt und des ganzen Universums gegründet, auf die mich jeden Morgen freuen darf. Dafür vielen Dank an alle Menschen, die das möglich gemacht haben und heute noch ermöglichen.

Jürgen Groth, Bad Nauheim

Umweltverbrechen

„Angst vor dem Absturz“,

taz vom 8. 10. 24

Liebe Frau Catil, Sie schreiben in der taz ausführlich über Ihre Flugangst. Ich habe einen guten Tipp für Sie: Fliegen Sie einfach nicht. Ich selbst habe keine Flugangst, fliege aber seit 2008 nicht mehr privat und seit 2017 nicht mehr dienstlich. Ich bin daran nicht gestorben. Sie können anderen erklären, warum Sie nicht fliegen: 1) aus Flugangst, 2) aus Angst um unsere Erde, unser Leben, unsere Zivilisation. Fliegen ist das größte Umweltverbrechen, dass man als Einzelperson legal begehen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns als Zivilisation in den Kollaps reiten, ist inzwischen viel höher als die eines Flugzeugabsturzes. Warum ängstigt das nicht entsprechend viele Menschen und warum verhalten wir uns nicht adäquat?

Also: Bitte hören Sie auf, sich zu quälen und anderen zu schaden.

Liebe taz, bitte hört auf, solche Artikel zu drucken. Oder wollt ihr die Psychoberatung für Umweltverbrecher sein? Menschen helfen, wieder mit mehr Freude und Genuss ihre Lebensgrundlagen zu zerstören?

Stefan Müller, Berlin

Rundum positiv

„Die Boah-Insel“,

wochentaz vom 5. 10. 24

Die Creme dieser Wochentaz war m. E. die Seite 28 (Gesellschaft). Der „Boah“-Ausruf für Lena Reichs Report über das Bohr­inselmuseum in Stavanger ist hier wirklich angebracht. Selten habe ich in letzter Zeit so einen authentischen Bericht über Wohl und Wehe einer „Brückentechnologie“ wie die der Offshore-Anlagen vor Norwegens Küste gelesen. Dass die Autorin Plattdeutsch anhand handgreiflicher Dialoge mit einbringt, schafft besondere Originalität. Jörn Kabisch führt zum wiederholten Male mit seinem ironisch-süffisanten Artikel über die Befindlichkeiten bei gutem und schlechtem Schlaf den Ausspruch „Wer nichts wird, wird Wirt“ ad absurdum, und schließlich beschreibt Antje Lang-Lendorff gekonnt kurz und bündig einen Katzensprung im Karwendelgebirge, der es in sich hat. Diese Seite 28 wirkt ebenso wohltuend wie die ambivalenten Eindrücke der 28-jährigen Luisa Neubauer aus den gegenwärtigen USA; wobei 28 zu sein ohnehin ein immerwährender Vorzug des menschlichen Schicksal ist, genauso vergänglich allerdings wie das Leben selbst.

Albert Reinhardt, Stralsund

Wilhelm Heitmeyer

„Es fehlt eine Vision“,

taz vom 4. 10. 24

Das war ein toller Artikel, z. B., dass es in der DDR mehr Sicherheit und weniger Freiheit gab – und heute ist es umgekehrt. Auch die großen Demonstrationen gegen die AfD werden erwähnt – als ich im Januar vor dem Reichstag inmitten von mindestens 100.000 Leuten „Ganz Berlin hasst die AfD“ hörte, hoffte ich, dass das schon Erfolge bringen könnte … aber bisher leider nicht. Na, hoffen wir, dass das neue „autoritäre Jahrhundert“ wegbleibt! Danke!

Klaus Hohle, Berlin

Grüne Austritte

„Die Mitte ist teils linker, als man denkt“,

wochentaz vom 5. 10. 24

Ich bin am vergangenen Freitag bei den Grünen ausgetreten, weil auch diese immer mehr bei der AfD abschreiben. „BürgergeldenpfängerInnen sind zu faul“ Habeck. Schwarz /Grün in Schleswig-Holstein will im Bundesrat eine Verschärfung des Asylrechts. Es ist unerträglich für mich! Auch bei der Klimapolitik, sind die Grünen nicht besser als die CDU. Ob CCS, Glyphosat oder LNG. Braucht kein Mensch, aber die grüne Politik klebt lieber an den Lippen der Industrie als an der Nachhaltigkeit. Auch die Mutlosigkeit, sich mit den Überreichen anzulegen und die Ungleichheit zu bekämpfen, ist mehr als perfide. Schade und traurig, dass wir um Jahre zurückgeworfen werden und unsere Kinder und Enkel unseren Egoismus ausbaden müssen.

Sven Bohl, Niebüll

Jürgen Trittin

„Global bescheidener auftreten“,

wochentaz vom 28. 9. 24

Von Seniorpolitikern, aus Altersgründen nicht mehr aktiv, kann man sich nur wünschen, sie lassen teilhaben an ihren Einsichten. Dank und Zustimmung also an Jürgen Trittin, den einst so verhassten links-versifften Typ. Ein Fragezeichen muss ich nur hinter einen Satz stellen: „Die Gegner der Idee des Westens, China oder Russland… „? Denn beide haben die Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte mitunterzeichnet. Ich hoffe weiter, sie werden sich den Mühen zur Eindämmung des Klimawandels nicht ver­schließen.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

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