Kampf gegen Diskriminierung: Initiativen fühlen sich ausgegrenzt

Im Abgeordnetenhaus soll sich eine Enquete-Kommission bilden und Empfehlungen für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt erarbeiten. ​

Das Foto zeigt den Plenarsaal des Abgeordnetenhauses in Berlin

Im Berliner Abgeordnetenhaus ist eine Enquete-Kommission zu Diskriminierung auf dem Weg Foto: Fabian Sommer (dpa)

BERLIN taz | Ein Abend in den Räumen des Berliner Migrationsrats: 25 Angehörige zivilgesellschaftlicher Initiativen treffen sich zu einem informellen Austausch mit Abgeordneten von Linken, Grünen, SPD und einem Mitarbeiter der CDU-Fraktion. Man diskutiert über eine vom Senat geplante Arbeitsgruppe. Die soll Empfehlungen erarbeiten, wie sich der gesellschaftliche Zusammenhalt stärken und Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und Diskriminierung begegnen lässt. Doch die im Raum versammelten Initiativen, die sich genau dafür einsetzen, wurden in die Planung nicht einbezogen. Dementsprechend ist die Stimmung angespannt, Presse nicht erwünscht.

Anfang Juli brachten die Fraktionen der CDU und der SPD im Abgeordnetenhaus einen Entschließungsantrag ein, eine Enquete-Kommission „Für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung“ einzurichten. Diese Arbeitsgruppe aus 23 Abgeordneten aller Fraktionen sowie externen Sachverständigen soll dazu bis 2026 Empfehlungen erarbeiten.

Laut dem Entschließungsantrag soll die Kommission die verschiedenen Arten von Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Rassismus beleuchten und Empfehlungen zur besseren Bekämpfung erarbeiten. Des Weiteren solle untersucht werden, wie das „Wir- und Zusammengehörigkeitsgefühl“ der Menschen in Deutschland und die Identifikation mit der Bundesrepublik Deutschland gestärkt werden können. „Ein solches positives Identitätsangebot auf Basis der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung fördert eine offene Gesellschaft, die gegen Polarisierung resilient ist“, heißt es wolkig in dem Antrag.

Die an diesem Abend beim Migrationsrat versammelten Initiativen erwarten jedoch nicht viel von der Enquete-Kommission. „Die Zivilgesellschaft erarbeitet seit Jahren Maßnahmen und eine Enquete-KommissionEmpfehlungen und Definitionen rauf und runter, und dann lesen wir in so einem Enquete-Antrag, man möchte Definitionen erarbeiten, evaluieren und Maßnahmen überprüfen und weiterentwickeln“, kritisiert Ed Greve, Referent für Antidiskriminierung beim Migrationsrat Berlin, nach dem Treffen mit den Abgeordneten. „Da fühlen wir uns ein bisschen verarscht.“

Angst vor Verschlechterungen

Man wisse nicht mal, wer die Ex­per­t*in­nen am Ende sein werden und nach welchen Kriterien die Sachverständigen berufen werden. „Warum soll das jetzt unbedingt besser sein als das, was zahlreiche unabhängige Ex­per­t*in­nen­kom­mis­sio­nen im Vorfeld schon erarbeitet und immer wieder vorgeschlagen haben“, fragt Greve. Er ärgert sich, dass ausgerechnet das Landesantidiskriminierungsgesetz mit keinem Wort erwähnt wird, dafür aber das Berliner Hochschulgesetz, das die CDU reformiert hat.

Sollte der Antrag wie angekündigt noch in diesem Jahr angenommen werden, bleiben der Enquete-Kommission nur noch anderthalb Jahre Zeit, allzu viele Ergebnisse sind da nicht zu erwarten. Linke und Grüne hätten gerne den Fokus stärker auf strukturelle und institutionelle Diskriminierung gelegt.

Aber wie viele der Anwesenden befürchtet auch Greve, dass der Abschlussbericht sogar Verschlechterungen bringen könnte. „Wenn die Kommission am Ende eine Empfehlung herausgibt, es wird zu viel Geld gegen antimuslimischen Rassismus ausgegeben, da wird zu viel über sexuelle Vielfalt an den Schulen geredet und die machen alle Genderwahn, dann wird sich das natürlich übersetzen in die Förderpraxis“, befürchtet der Migrationsrat-Referent.

„Unsere Forderung bleibt natürlich, dass die Politik mit der Zivilgesellschaft in Austausch bleiben und uns einbeziehen muss, vor allem in Sachen Kriterien für die Besetzung der Expert*innen“, sagt Greve abschließend. „Vielleicht müssen wir auch nochmal außerparlamentarische Kampagnen machen, um auf die Wichtigkeit unserer Arbeit hinzuweisen. Wir werden die Arbeit der Kommission in irgendeiner Form aktiv begleiten, aber ob das in der Kommission stattfindet oder am Ende eher außerparlamentarisch, können wir jetzt noch nicht sagen.“

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