Osman Engin
Alles getürkt
: Frauenschenkel und Nonnenfürzle

Mit meiner Frau fahre ich in unserem Ford-Transit zu meiner Schwiegermutter nach Hamburg-Harburg. Vor lauter Freude umarme ich sogar meinen kommunistischen Sohn Mehmet zum Abschied. Kein Witz!

Einmal im Jahr fahre ich sehr gerne zu meiner Schwiegermutter – immer dann, wenn sie Geburtstag hat. Sie bereitet so viele leckere Sachen vor, dass sich die meterlangen Tapeziertische biegen. Das macht sie natürlich nicht für mich. Sie versucht mit ihren grandiosen Kochkünsten all ihren Freundinnen und Nachbarn zu imponieren. Ich bekomme gnädiger Weise auch etwas von den Leckereien ab: saftige Frauenschenkel (Frikadellen), süße Frauennabel (Nachspeise), Frauenlippen (Baklava) usw.

Warum alle leckeren orientalischen Gerichte von Körperteilen der Frauen inspiriert sind, weiß ich nicht. Vermutlich, weil damals, als diese Gerichte entstanden, keiner die Original-Vorlagen zu sehen bekam, da die Frauen von Kopf bis Fuß relativ einfallslos komplett schwarz verhüllt durch die Gegend liefen.

Mein Kumpel Hans, der aus Schwabenland kommt, sagte letztens: „Osman, wir haben auch eine Spezialität, die nach schwarzverhüllten Frauen genannt wurde: `Nonnenfürzle´. Verglichen damit, hören sich eure Sachen richtig appetitlich an.“

Nach zwei Stunden Fahrt nach Hamburg, stürme ich in die Küche und brülle wie ein hungriger Löwe.

„Meine liebe Schwiegermutter, seit einer Woche faste ich, damit ich reinhauen kann. Ich hoffe, du hast dich so gut vorbereitet wie ich!“

Ich kontrolliere umgehend, die sich unter der Last der vielen Frauenkörperteile biegenden, meterlangen Tische. Und stelle sehr enttäuscht fest, dass sie sich heute überhaupt nicht biegen. Bei genauem Hinsehen stellt sich sogar heraus, dass gar keine Tische da sind.

„Eminanim, sind wir etwa einen Tag zu früh angereist? Oder noch schlimmer, einen Tag zu spät?“, frage ich meine Frau total schockiert. „Meine liebe Schwiegermutter, wo sind denn die ganzen saftigen Frauenschenkel?“

„Pfui Teufel! Nichts als ungesundes, tierisches Fett“, schimpft meine Schwiegermutter.

Foto: privat

Osman Engin

ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter www.youtube.com/@osmanengin1916. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

„Bekomme ich nicht mal einen kleinen Frauenbauch?“, stammele ich verzweifelt.

„Ach, hör doch auf! Alles schädliches Weißmehl und tödlicher Industriezucker!“, sagt sie.

„Kriege ich heute also nur Butterbrot zum Essen?“, jammere ich.

„Butterbrot? Spinnst du? Ist doch nichts als Laktose und Gluten!“

„Bei Allah, willst du mich etwa nur mit einem Glas Leitungswasser abspeisen?“

„Leitungswasser? Bist du lebensmüde? Leitungswasser ist voll mit Blei und Chlor!“

Warum alle leckeren orientalischen Gerichte von Körperteilen der Frauen inspiriert sind, weiß ich nicht

Ich fange an, hemmungslos zu weinen:

„Meine liebe Schwiegermutter, ich kann mir denken, warum kein Mensch zu deinem Geburtstag gekommen ist, weil unsere Gesundheit dir neuerdings leider so sehr am Herzen liegt!“

„Die ganzen Verräter können mir alle gestohlen bleiben“, schimpft sie aufgebracht und umarmt mich leidenschaftlich. „Osman, mein lieber Schwiegersohn, du bist der Einzige, der nur wegen mir da ist und nicht wegen meines Essens.“