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Wenn lackierte Nägel kein Problem mehr sind

Drei Jugendliche stehen auf dem Kottbusser Damm vor einem Café. Cap und Umhängetasche von Gucci, dazu Kenzo-Pulli und Haifisch-Nikes – nach ihrem Auftreten und modischen Stil zur urteilen, würde man sie wohl als Talahons bezeichnen. Sie klatschen sich ab, witzeln und reden darüber, mal wieder auf den Polenmarkt zu fahren: „Bruder, ich brauche neue Messer, so Butterflymäßig, weisch?“

Ein Jugendlicher stößt zu ihnen, auf ihn haben sie wohl gewartet. Er begrüßt die drei mit einem High Five und fragt: „Brudis, wie geht’s euch?“ Sein Stil ist eher komplementär zu den anderen. Er hat gelb lackierte Fingernägel, einen Ohrring und trägt ein buntes Hemd aus den 90ern, sicher secondhand. Die Jungs scheinen befreundet zu sein, bis einer von den Gucci-Capträgern sagt: „Man, Bruder, guck diese lackierten Nägel und dieser Ohrring, das voll schwul, ya. Mach ma bitte nicht mehr so.“ Die anderen stimmen zu und nicken.

Berlin-Kreuzberg

152.216 Ein­­-woh­ner:innen, bekannt für seine multikulturelle Vielfalt; einst ein Zentrum von Hausbesetzerszene und linker Bewegung. Kreuzberg wird auch als „Klein-Istanbul“ bezeichnet.

Der kritisierte Junge reagiert einfach nur gelassen und antwortet: „Das ist jetzt aber mein neuer Stil, ich verurteile euch ja auch nicht. Und wir sind ja Freunde. Also lass los jetzt.“ Da nicken alle wieder nur, einer zündet sich eine Zigarette an und die vier Freunde verschwinden in Richtung Kottbusser Brücke. Derya Türkmen

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