Svenja Bergt
Digitalozän
: Und sie piept doch

Menschen, die gerade Urlaub machen, können manchmal merkwürdige Sachen genießen. Zum Beispiel Temperaturen um die 40 Grad an vollgepackten Stränden. Oder Eiskugeln zu einem Preis, bei dem die meisten geharnischte Social-Media-Posts verfassen würden, würde es bei der heimischen Eisdiele ähnlich viel kosten. Oder Zeltübernachtungen in Regionen, in denen der Bedarf an Mückenschutzmitteln fast so hoch ist wie der an Trinkwasser. Aber – keine Vorwürfe. Schließlich habe ich auch so ein guilty pleasure im Urlaub: Ich lerne gerne neue Technik kennen.

Der örtliche Supermarkt hat ein System, bei dem Einkaufswagen die hineingelegten Waren gleich scannen? Muss ich ausprobieren. Die Waschmaschine in der Ferienwohnung spricht nur Türkisch und das Bedienfeld sieht komplett anders aus als bei allen anderen Maschinen, die ich bislang erlebt habe? Herausforderung angenommen. Lichtschalter gibt es keine, stattdessen ein kryptisches Bedienfeld? Das muss doch irgendwie hinzukriegen sein. Und das, obwohl ich im Alltag den Anspruch habe, dass Elektrogeräte intuitiv bedienbar sein müssen und man nicht erst 50 Seiten Anleitung studieren und das mitunter mutmaßlich darin enthaltene KI-Kauderwelsch in verständliche Sprache übersetzen muss.

Jedenfalls: Kürzlich durfte ich die Bekanntschaft einer ganz zauberhaften Geschirrspülmaschine machen. Sie hat ihr Zuhause in einer pittoresken Wohnung an einem See in Brandenburg. Klein, aber belastbar, überschaubare Programmauswahl, aber angenehm leise. Zumindest bis sie fertig war mit dem Spülen, Trocknen, Abpumpen. Dann ging es los: Sie piepte.

Es scheint ein Trend unter den Herstellern von Elektrogeräten zu sein: Insgesamt erlaubt der technische Fortschritt zwar leisere Geräte – doch die Menge und Penetranz an Warn- und Signaltönen nimmt mindestens gefühlt zu. Vielleicht gibt es eine Art Gesamtgeräuschkulisse, die die Hersteller meinen erfüllen zu müssen. In meinem Fall kommt dazu: Die Spülmaschine befindet sich in einem Koch-Ess-Wohn-Schlafbereich. Noch mal abends schnell anstellen? Nur mit Gehörschutzstöpseln oder bei winterschlafartiger Nachtruhe.

Dabei geht es noch schlimmer. Auf dem Buchungsportal Airbnb gibt es immer wieder Beschwerden von Gästen, die Überwachungsgeräte in den Wohnungen vorfanden. Und damit ist nicht die Kamera gemeint, die eine Zufahrt zum Haus überwacht. Sondern eher die Art von Kameras, die zum Beispiel in einem neben dem Bett eingesteckten Ladekabel verborgen ist. Schönen Gruß also an die Dunkelziffer.

Bei mir bekam die Elektrogeräte-Neugier in einem Zimmer in Frankreich einen Dämpfer. In einer oberen Ecke hing ein wild blinkendes Gerät, das mindestens ein Bewegungsmelder war, möglicherweise aber auch ein Kamera-Auge hatte, genau war das nicht auszumachen. Stecker ziehen ging nicht, da fest verkabelt. Was tun? Beim Vermieter beschweren, neue Unterkunft suchen? Die Lösung war dann ganz analog: Ein beherzter Wurf eines dicken Handtuchs. Das beendete sowohl das Blinken als auch den Rest. Und das Beste: Es gab nicht einmal einen piependen Warnton.