Sahra Wagenknecht vs. Ines Schwerdtner: Erbfolge-Fragen im Lötzsch-Land

Ines Schwerdtner soll Linke-Direktkandidatin für ein Bundestagsmandat in Berlin-Lichtenberg werden. Ihre Konkurrentin könnte Sahra Wagenknecht heißen.

Das Bild zeigt die Linke-Politikerin Gesine Lötzsch

Seit 2002 Direktmandat-Gewinnerin bei noch jeder Bundestagswahl: Linken-Politikerin Gesine Lötzsch Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin taz | Ein Gerücht geht um in Lichtenberg – das Gerücht über Sahra Wagenknecht: Die Ex-Linke soll in dem Ostberliner Großbezirk bei der Bundestagswahl 2025 Direktkandidatin des bescheiden nach ihr benannten Bündnis Sahra Wagenknecht werden. Die Information respektive das Gerücht kommt aus dem Lichtenberger Bezirksverband der Linken.

Zur Begründung heißt es sinngemäß: In kaum einem anderen Bundestagswahlkreis könnte Wagenknecht ihr vor allem gegen ihre ehemalige Partei gerichtetes Motto „Gekommen, um zu zerstören“ besser zur Geltung bringen als in Lichtenberg. Und es heißt auch: Dieser Erfolg könnte ihr sicher sein.

Tatsächlich galt der Wahlkreis über Jahrzehnte als uneinnehmbare Festung der Linken. Sechsmal hintereinander holte die Genossin Gesine Lötzsch hier das Direktmandat. Zuletzt zwar mit schwindender Zustimmung. Nichtsdestotrotz gewann sie das Mandat auch bei der Wahl 2021 und sorgte so mit dafür, dass die Linke mit ihrem Unter-5-Prozent-Ergebnis überhaupt noch im Bundestag vertreten ist.

Aus und vorbei. Im Sommer erklärte Friedensfreundin Lötzsch in einem giftigen Abschiedsgruß an die friedensmäßig aus ihrer Sicht nicht ganz so prinzipientreue Parteispitze, 2025 nicht mehr als Kandidatin zur Verfügung zu stehen. Auch den Abgang von Sahra Wagenknecht samt Gefolge hielt sie der Linken-Führung vor. Kurz zuvor war die Linke in Lichtenberg bei der Europawahl von fast 23 auf 10 Prozent abgestürzt. Das BSW holte hier aus dem Stand über 15 Prozent.

Die Fußstapfen von Gesine Lötzsch

Aber Lötzsch wäre nicht Lötzsch, wenn sie – dem Vernehmen nach – die Nachfolge in ihrem ohnehin als politische Schlangengrube geltenden Wahlkreis nicht bereits geregelt hätte. Jedenfalls präsentierte die Lichtenberger Linke am Mittwoch schon mal ihre designierte Direktkandidatin für die kommende Bundestagswahl: die Publizistin Ines Schwerdtner, die im Oktober auch neue Bundesvorsitzende der Partei werden will.

Es sei ihr eine Ehre, „die Gelegenheit zu bekommen, in die Fußstapfen von Gesine Lötzsch zu treten“, die für „Stärke und Stabilität“ stehe, erklärte die 35-Jährige. Böse Zungen behaupten freilich, Lötzsch stehe eher für ein selbstherrliches Reinregieren in den Bezirksverband, dem sie bis Anfang 2023 vorstand.

Ines Schwerdtner ist erst im August vergangenen Jahres in die Partei eingetreten, zuletzt hatte sie versucht, ins Europaparlament einzuziehen. Ohne Erfolg zwar. Altgediente Linke inklusive Lötzsch sollen trotzdem Feuer und Flamme für die ehemalige Chefredakteurin des sozialistischen Magazins Jacobin sein, die sich auch bei Deutsche Wohnen & Co enteignen engagiert hat.

Anders sieht es in den Lötzsch-kritischeren Teilen der Lichtenberger Linken aus, wo nicht wenige die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Rede ist davon, dass die Partei mit der unter Lichtenberger Wäh­le­r:in­nen weitgehend unbekannten Intellektuellen Schwerdtner einer medial omnipräsenten Konkurrentin Wagenknecht ohne Not das Feld überlässt.

Zumal das BSW in Lichtenberg längst Fuß gefasst hat. Einer der beiden Nachfolger von Lötzsch an der Spitze des Linken-Bezirksverbands lief ebenso zur Wagenknecht-Partei über wie der Chef der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. In der Lichtenberger BVV gibt es zudem die bislang erste Berliner BSW-Fraktion.

Aus dem BSW heißt es unterdessen: kein Kommentar. „Wir haben dazu noch keine Entscheidung getroffen“, sagt Landeschef Alexander King am Donnerstag zur taz. Ein Dementi klingt anders.

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