brief des tages
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Fanatismus ent-täuschen?

Dann sollen sie doch“, taz vom 10. 9. 24

Bernhard Becker sieht eine „Dämonisierung“ der AfD und empfiehlt eine „Strategie kritischer Ent-täuschung“, die in USA, Brasilien und Polen erfolgreich gewesen sei. Also Höcke zum Ministerpräsidenten wählen und ihn dann scheitern lassen. Vielleicht scheitert Höcke, aber bis dahin könnte die AfD Nazis als Beamte in Schlüsselstellungen bringen. 1932 konnte die NSDAP die meisten Mandate erringen, sie war als „normale“ Partei etabliert und konnte nun eine Regierung unter ihrer Führung bilden. Die bürgerlichen Parteien hatten 1930 auch einen Unvereinbarkeitsbeschluss (gegen die SPD) und sich so für eine Regierungsbildung von den Nazis abhängig gemacht. Die „Ironie“, Höcke werde das KZ Buchenwald wieder eröffnen, ist geschmacklos. Das wird er nicht tun, aber Ausländer werden noch stärker drangsaliert werden, in- und ausländische Firmen werden sich in Landesteile oder Länder mit weltoffenerem Klima flüchten – und die Buchenwald-Gedenkstätte wird die Unterstützung durch das Land verlieren. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass „Entzauberung“ bei fanatischen Anhängern funktioniert – bei Trump hat sie das auch nicht getan.

Eduard Belotti, Augsburg