die dritte meinung
: Wir müssen jetzt mit allen demokratischen Mitteln gegen die AfD handeln, sagt Michaela Dudley

Solange Nazis zur demokratischen Wahl zugelassen werden, werden Nazis auch demokratisch gewählt. Karl Poppers Toleranzparadoxon macht deutlich, dass die uneingeschränkte Toleranz in die Intoleranz mündet. Nach den jüngsten Landtagswahlen verfügt die AfD im Thüringer Landtag nunmehr über die Sperrminorität. Allerdings verfügt die Bundesrepublik über ein grundgesetzliches Gegengift: Art. 21, Abs. 2 GG. Ein Verbot hätte zur Folge, dass die AfD ihre bestehenden Strukturen aufgeben müsste und somit ihre organisatorische Basis einbüßen würde. Aber die demokratischen Parteien reagieren zögerlich. Warum?

Die Antwort: German Angst. Denn der Gang nach Karlsruhe könnte nach hinten losgehen. Und ohnehin würde ein Verbotsverfahren nur dazu führen, die AfD in ihrer Märtyrerrolle umso mehr zu legitimieren. Letzteres ist wiederum längst geschehen.

Weil ein Verbotsverfahren sich aber, selbst wenn es käme, in die Länge ziehen würde, müssen mittelfristige Ziele im Kampf gegen den Rechtsextremismus verfolgt werden. Also wieder auf die Barrikaden gehen?

Jein. Demos gegen rechts verkümmern oft zu Events und überbieten sich eher im Wettstreit über Teilnehmerzahlen als um inhaltliche Ansätze. Auch die Betroffenheitsvideos, die von BIPoC-Influencer:innen gepostet werden, sind wenig hilfreich. Sogleich fordern sie die weiße Dominanzgesellschaft dazu auf, über den „biodeutschen“ Rassismus zu reflektieren. Sorry, aber so reichen sie die heiße „Kartoffel“ einfach nur weiter. Die Antipathien, die es innerhalb migrantischer Gemeinschaften gibt, wie Antisemitismus, Misogynie und Queerfeindlichkeit, müssen endlich wahrgenommen und bekämpft werden.

Michaela Dudley

geboren 1961, ist eine Berliner Queerfeministin mit afroamerikanischen Wurzeln, Kabarettistin, Publizistin, Diversity-Rednerin und gelernte Juristin (Juris Dr., US).

Wir müssen handeln, nicht hadern. Im Alltag brauchen wir mehr Dialog. Gerne hitzig, aber historisch fundiert und nicht hysterisch. Das Ziel ist nicht die vollständige Übereinstimmung, sondern die gemeinsamer Wahrnehmung dringender Probleme. Die Suche nach deren Lösung darf nicht den Ex­tre­mis­t:in­nen überlassen werden.