Iranischer Journalist in Lebensgefahr

Anwalt bezeichnet Gesundheitszustand des inhaftierten hungerstreikenden Akbar Gandji als besorgniserregend

BERLIN taz ■ Das Leben des iranischen Journalisten Akbar Gandji ist in großer Gefahr. Dies teilte sein Anwalt Yusef Molai gestern der Presse mit. „Ich habe heute meinen Mandanten im Gefängnis besucht. Er hat stark abgenommen, und sein Gesundheitszustand ist äußerst besorgniserregend“, erklärte er. „Ich möchte noch einmal vor den Gefahren warnen, die das Leben meines Mandanten bedrohen.“

Gandji, seit fünf Jahren in Haft, befindet sich seit dem 20. Mai in einem unbefristeten Hungerstreik. Er war nach seiner Teilnahme an der im April 2000 von der Heinrich Böll Stiftung veranstalteten Irankonferenz in Berlin verhaftet und vom Revolutionsgericht zu zehn Jahren Haft und fünf Jahren Verbannung verurteilt worden. Ihm wurden Aktivitäten gegen die Sicherheit der Islamischen Republik, Propaganda gegen den Gottesstaat und Beleidigung der Staatsführung vorgeworfen.

Die Teilnahme an der Irankonferenz diente nur als Vorwand, um den Journalisten zum Schweigen zu bringen. Gandji gehört zu den radikalsten Kritikern des islamischen Gottesstaates. Viel Aufmerksamkeit erregten seine Bücher, in denen er die Machtmechanismen im Iran aufdeckte und nachwies, dass hohe Staatsmänner und graue Eminenzen, namentlich Exstaatspräsident Rafsandschani, an Attentaten auf Dissidenten, kritische Intellektuelle und Schriftsteller beteiligt waren. Im Gefängnis verfasste Gandji ein „Manifest“, in dem er die Trennung von Religion und Staat forderte.

Mit dem Hungerstreik will Gandji gegen die unerträglichen Haftbedingungen protestieren. Seine Gesundheit ist schwer angeschlagen, er leidet schon seit längerer Zeit an Asthma und starken Rückenschmerzen. Auch seine Sehfähigkeit ist erheblich geschwächt. Er braucht dringend eine gründliche ärztliche Behandlung, die nur außerhalb des Gefängnisses möglich ist.

Gestern behauptete die Justiz in einer offiziellen Stellungnahme, Gandjis Gesundheitszustand sei normal und er befinde sich nicht im Hungerstreik. „Sollte ihm etwas geschehen, trägt er selbst die Verantwortung.“ Dem widersprach Gandji mit einem Schreiben aus dem Gefängnis. Seine schweren Krankheiten seien durch Ärzte und staatliche Instanzen registriert worden. Nicht ohne Grund bekomme er seit Jahren Medikamente. „Oder bin ich ein Versuchskaninchen, an dem diese Medikamente getestet werden?“, schreibt Gandji. „Sollte mir etwas geschehen, womit nur mein Tod gemeint sein kann, wird jeder in diesem Land wissen, wer dafür die Verantwortung trägt.“

Gestern erklärten sich 260 iranische Journalisten und Intellektuelle mit Gandji solidarisch und forderten seine Freilassung. Auch die Heinrich Böll Stiftung und die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, haben Gandjis sofortige Freilassung verlangt.

BAHMAN NIRUMAND