Neues Album der Band Kafvka: Rau, verbissen und gegen rechts
Die Berliner HipHop-Crossoverband Kafvka macht Front auf dem neuen Album „Kaputt“. Mit ihren Songs sagen sie jeder rechten Politik den Kampf an.
Es gibt nur wenige Dinge, die Linke sämtlicher Fraktionen eint, aber wenn man einen gemeinsamen Nenner finden müsste, dann wäre es sicher das Scheitern. Wobei, was heißt schon Scheitern? Misserfolg ist es doch eher, wenn man tut, was man tun kann, aber dann Mühlsteine im Weg liegen, niemand mitmacht oder die (finanziellen) Mittel fehlen. Das kennt jeder Linke und vor allem jede linke Band, und ganz sicher auch die Band Kafvka aus Berlin.
Kafvka existieren immerhin seit knapp zehn Jahren. Allein die Idee, damals im Jahr 2014 eine deutschsprachige (!), politische (!) Crossover(!)-Band zu formieren, spricht schon Bände. Das sind gleich drei dicke Steine, die da auf dem Weg in Richtung Majorlabel-Plattenvertrag, ausverkauften Fußballstadien und Starkult liegen. Aber wer sagt denn, dass das ein Ziel ist?
Auf Demobühnen und in Clubs
Seit zehn Jahren bleiben Kafvka nunmehr bei Rap mit Schlagzeug, Keyboards und Gitarre, bei offensiven Gegen-rechts-Songs wie „Fick dein Volk“ (2018) und beim Vollkontaktmodus auf den Demobühnen im deutschsprachigen Raum. Wie groß oder klein die sind, war dabei immer egal. Ob 2018 vor 50 Leuten bei einem Protest gegen das neurechte Institut für Staatspolitik in Schnellroda oder 2024 vor über 200.000 Teilnehmer*innen bei einer Gegen-rechts-Demo in München – Kafvka spielen für die Sache und treten überall dort in Aktion, wo sie jemanden erreichen.
„Lieber weiter 500 die versteh’n / Als 5.000 die nur kommen, weil’s grad slayt“, textet Kafvka-Sänger Jonas Kakoschke im Song „Underrated Forever“ auf dem neuen Album „Kaputt“. Unterstützt wird er da von Roger Rekless, dem ebenso wenig von Charterfolg, dafür umso mehr von Aktivismus getriebenen Münchner Rapper und Produzenten, der sich mit seiner Kombo GWLT auch noch traut, Crossover zu machen.
Kafvka: „Kaputt“ (Zukunft/Fleet Union) Live: 25. 9., Beatpol, Dresden; 26. 9., Z-Bau, Nürnberg; 27. 9., Strom, München; 9. 10., Schlachthof, Wiesbaden; 10. 10., Substage, Karlsruhe; 11. 10., Im Wizemann, Stuttgart, wird fortgesetzt
„Kaputt“ wurde vor wenigen Wochen veröffentlicht, naturgemäß im Eigenvertrieb und selbstverständlich ohne riesige Promokampagne – dafür aber mit einer überfüllten Pre-Release-Show im Berliner Club Cassiopeia. Tickets gab es keine, dafür Gästelistenplätze für alle, die das Album vorbestellten. Kafvka haben die Fans, die sie wollen.
Rap gegen Rechts
Ihr Werdegang folgt schon strukturell keinen klassischen Regeln der Musikindustrie. Aber wer braucht schon Hypes und Trends, wenn er eine Botschaft hat? „Ich will Millionen für Millionen / Statt Millionäre“, heißt es im treibenden Song „Millionen“. „Du bist so viel mehr als nur ein Stundenlohn, so viel mehr als dein Insta-Feed“, in „So viel mehr“. Nanu, welch seltener Gast klopft denn da an – doch nicht etwa die Klassenfrage?
Solche Textzeilen sind hierzulande ein rares Gut in einem musikalischen Underground, bei dem es unterdessen erschreckend normal ist, mit Besitz und Status zu prahlen – selbst wenn diejenigen, die das so selbstverständlich tun, politisch „eher links“ zu verorten sind. Wo Kafvka stehen, ist wiederum nie eine Frage: „Kaputt“ entbehrt jeder Zweideutigkeit: „Fick die AfD und Kampf jeder rechten Politik.“ (Das alte Lied).
Rau, ehrlich und verbissen
Wenngleich die Hörerschaft sonst viel mitgenommen werden soll, zeigt spätestens „Geburtstag“, wer sich von Kafvka getrost abgestoßen fühlen darf: Von den Ampel-Politiker*innen über Elon Musk bis hin zu Rammstein kriegen hier alle eine unfreundliche Nichteinladung ausgesprochen – mit stimmlicher Unterstützung von Team-Scheiße-Sänger Timo Warkus.
Der Sound von Kafvka klingt zuweilen rau, manchmal plakativ-verbissen im besten Sinne, aber nie anbiedernd oder gar unehrlich. Oft entledigt sich die Musik ein wenig ihrer Form, etwa, wenn hier und da doch ein 80er-Jahre-Gitarrensolo wartet oder manche Zeilen über den Reim hinauseilen. Aber das hätte Rio Reiser, dem auf dem Album eine niedliche Hommage gewidmet ist, sicher gefallen: Form, das ist Verpackung. Wer weiß, was er zu sagen hat, braucht keine schicke Hülle, kein Label, keine VIP-Tickets. Es reicht schon der Mut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS