zwischen den rillen
: Kurz und schmerzlos

Sabrina Carpenter: „Short N’ Sweet“ (Island/Universal). Live: 19. 3. 2025, Uber Arena Berlin.

Auf der großen Bühne beim Coachella-Festival, mit Taylor Swift auf Tournee, über eine Milliarde Streams für ihren Nummer-eins-Welthit „Espresso“: Man könnte meinen, Sabrina Carpenters Erfolg sei quasi über Nacht eingetreten. Das stimmt aber so nicht, tatsächlich hat die 25-Jährige schon als Teenagerin für TV-Serien im Disney-Channel geschauspielert.

Im Jahr 2010 nahm sie an einem Musikwettbewerb teil, den Miley Cyrus initiierte, und dabei belegte sie den dritten Platz. Für ihr Debütalbum „Eyes Wide Open“ (2014) heimste sie seinerzeit mäßigen Erfolg ein. In den USA kam es nicht über Platz 43 in den Charts hinaus, in vielen anderen Ländern platzierte es sich gar nicht erst in der Hitparade. Die Prognose für Sabrina Carpenters nun veröffentlichtes neues Werk „Short N’Sweet“ fällt aber deutlich günstiger aus. Nicht zuletzt, weil sich die US-Künstlerin, früher Swiftie, heute Freundin von Taylor Swift, bei ihrem Idol die dicke Lippe abgeguckt hat. Etwa dass es nie verkehrt ist, sich intensiv mit den eigenen Emotionen zu befassen. Insbesondere ihre Songs über Männer sprechen wohl zahlreichen Frauen aus der Seele.

Carpenters Single „Espresso“ groovt seit Längerem auf dem Dancefloor, und zugegeben, sie hat Ohrwurmpotenzial. Im Songtext beschreibt Sabrina Carpenter, wie sie einem Liebhaber den Kopf verdreht. Inhaltlich etwas tiefgründiger ist „Please Please Please“, ein fröhlicher Popsong. Für die Produktion zeichnet bei diesem Stück neben Amy Allen auch Hitmacher Jack Antonoff verantwortlich. Er hat nicht unwesentlich zu Taylor Swifts kometenhaften Aufstieg beigetragen.

Kein Wunder also, dass sich „Please Please Please“ mit einer dezenten Country-Note an Taylor Swifts früheren Signatursound anlehnt. Das Stück handelt davon, wie Sabrina Carpenters Text-Ich auf den Falschen hereinfällt. Vermutlich nicht zum ersten Mal. „Please please please / Don’t prove I’m right“, schmachtet sie. Im Video muss sie ihren Boyfriend, verkörpert von dem irischen Schauspieler Barry Keoghan, mehrfach aus dem Gefängnis abholen. „Don’t bring me to tears / When I just did my make-up so nice“, fleht sie. Allerdings ohne Erfolg.

Wunderbar unangestrengt kommt Sabrina Carpenters Wortwitz bei „Girls Don’t Lie“ daher. „I’m stupid / But I’m clever“, heißt es in der akustischen Ballade. „Yeah, I can make a shitshow look a whole lot like forever and ever.“

Der Uptempo-Song „Coincidence“ pendelt sich mittig zwischen Pop und Rockanleihen ein. Sabrina Carpenter beleuchtet anschaulich, wie eine Frau immer wieder einen Mann manipuliert: „And without her even bein’here / She’s back in your life.“ Angeblich soll das eine Kritik an Selina Gomez sein, weil die immer wieder in Shawn Mendes’Leben auftaucht. Aber man weiß ja: Nicht alles, was in der Gerüchteküche brodelt, entspricht unbedingt den Tatsachen …

Die Ballade „Dump and Poetic“ reflektiert, auf was für einen Typ Mann Sabrina Carpenter gern reinfällt: „It’s just that I fall for / I like the aesthetic / Every self-help book, you’ve already read it“. Bei „Slim Pickins“ legt sich ihr lieblicher Gesang über ein Banjo.

So geht es in nur 36 Minuten durch zwölf Songs. Geschmeidiger Stoff für den Mainstream. Besonders wichtig ist natürlich, dass sich auch Taylor-Swift-Fans mühelos mit dieser Musik identifizieren können. Sie werden Sabrina Carpenter bestimmt gern auf ihrem Reigen durch die Gefühlswelt folgen.

Auf jeden Fall klingt ihre Musik sonnendurchflutet und eingängig. Gerade die butterweichen Balladen eignen sich fürs Studium mit den Kopfhörern. In sie kann man sich einfach fallenlassen oder aber hier und da Selbstironie genießen.

Dagmar Leischow