Wenige Sirenen, aber Smartphones

Der bundesweite Warntag lief erfolgreich. Experten fordern jedoch mehr Geld für den Katastrophenschutz

Von Louise Ringel

Am Donnerstag um 11 Uhr gingen die Alarme los. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) führte den jährlichen bundesweiten Warntag durch. Dabei sollen die Warnsysteme für den Katastrophenfall und die technischen Abläufe getestet werden. Außerdem soll die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert werden. Über Warnapps, SMS und Medien wurden amtliche Gefahrendurchsagen gemacht. Zusätzlich heulten in vielen Kommunen die Sirenen.

Den Warntag gibt es seit vier Jahren. Der erste im Jahr 2020 ging schief und konnte erst mit Verzögerung durchgeführt werden. Durch diese Erfahrung und nach der Flutkatastrophe 2021 sollten Verbesserungen eingeführt werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich am Donnerstag zufrieden: „Erste Auswertungen des BBK zum heutigen Warntag zeigen: Unsere Warnsysteme haben erneut einen großen Stresstest bestanden.“ Sie sprach von einem „Warnmittel-Mix“ aus Sirenen, Warnapps, Anzeigetafeln und Warnungen per Fernsehen und Radio, mit dem man fast alle Menschen in Deutschland erreiche: „Die Warnsysteme retteten im Notfall Menschenleben, egal ob es um Brände, schwere Unwetter, Waldbrände oder andere Gefahren gehe.“ An welchen Stellen die Warnsysteme verbessert werden könnten, werde nun ausgewertet.

Oliver Mertens, Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei Berlin, kritisiert dagegen die Sirenen-Infrastruktur. Im Bereich Katastrophenschutz sei man nicht so gut aufgestellt, wie man es sein müsste. Auch durch föderale Verwaltungsstrukturen würde die Umsetzung wichtiger Maßnahmen blockiert oder verzögert.

Auch die Berliner Feuerwehr komme bei der Installation und Wartung von Sirenen an ihre Grenzen. Es sei hoch einzuschätzen, dass sie für den bundesweiten Warntag wenigstens ein paar Sirenen scharf bekommen habe. Mertens sagt: „Insofern ist es zur Abwechslung mal gut, dass sich mittlerweile der Großteil unserer Bevölkerung in vielen Lebenslagen auf sein Smartphone verlässt. Die Chance, dass hier im Worst Case auch jene erreicht werden, die keines bei sich tragen, ist höher als durch unsere Sirenen-Infrastruktur.“

Henning Goersch, Katastrophenforscher und Professor für Gefahrenabwehr und Bevölkerungsschutz, sieht über den Warntag hinaus Verbesserungsbedarf: „Grundsätzlich kann man sagen, dass im BBK alle wichtigen Bereiche abgedeckt sind“, sagte er der taz. „Aber im Vergleich zur allgemeinen Gefahrenlage sind die Budgets eher rückläufig. Das ist vielleicht nicht die beste Idee.“

Goersch sagte, der Zivilschutz müsse ausgebaut werden, es brauche mehr Forschungsgelder und das BBK solle eine stärker koordinierende Rolle einnehmen. Außerdem sei Luft nach oben in der Kommunikation: „Das BBK sollte stärker mit der Bevölkerung in den Dialog gehen.“ Er verweist auf Beispiele wie das Bundesumweltministerium, das zum Thema Klimaanpassung einen Bürgerdialog veranstaltet habe. „So was wäre spannend. Was kann der Einzelne tun?“