BSW setzt auf Vertraute und auf Männer

In Niedersachsen und Bremen wollen sich am Wochenende Landesverbände der jungen Partei gründen. Frühere Linken-Mitglieder aus Oldenburg spielen eine große Rolle

Hier gibt es Potential für einen BSW-Landesverband: Sahra Wagenknechtim Mai in Bremen Foto: Focke Strangmann/dpa

Von Lotta Drügemöller

Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen holt das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) nun nach und nach im Rest Deutschlands die formelle Gründung in Verbänden auf Landesebene nach. Dieses Wochenende institutionalisiert sich am Samstag der Landesverband Bremen und am Sonntag soll der Landesverband Niedersachsen gegründet werden.

Dass dafür nicht Hannover, sondern Oldenburg mit seinen knapp 170.000 Einwohner*innen gewählt wurde, ist kein Zufall: Oldenburg ist der Wahlkreis der Bundestagsabgeordneten und BSW-Bundesvorsitzenden Amira Mohamed Ali. Ihr Einfluss im Wahlkreis scheint groß. Die ehemalige Linksfraktion des Rats der Stadt mit ihren vier Mitgliedern ist am 4. Januar gesammelt aus der Linken aus- und als BSW aufgetreten – vier Tage vor der offiziellen Gründung der Partei auf Bundesebene.

An dieser Gründung war einer von ihnen direkt beteiligt: Das Oldenburger Ratsmitglied Jonas Höpken, damals noch Linke, war laut Nordwest Zeitung Vorsitzender des Vereins, der die Parteigründung seit September 2023 vorbereitet hat. Er gilt als Vertrauter von Sarah Wagenknecht und Oskar Lafontaine.

Und noch eine Verbindung gibt es zur Bundesebene: Das Oldenburger Ratsfraktionsmitglied Holger Onken, Kandidat des BSW für Niedersachsen bei der Europawahl, ist liiert mit der Vereinsvorsitzenden Amira Ali Mohamed. Er kandidiert nun für den Vorstand im niedersächsischen Landesverband.

Auch in anderen Kommunen in Niedersachsen sind bereits Mandatsträger von der Linken zum BSW gewechselt. Ins BSW aufgenommen zu werden, ohne ein Mandat mitzubringen, ist bisher gar nicht so einfach: In Niedersachsen gibt es offenbar zwar Tausende Interessierte, aber nur 60 Parteimitglieder.

In Bremen ist es ähnlich: 258 Menschen haben sich dort als Un­ter­stüt­ze­r*in­nen des BSW registriert; 92 von ihnen haben einen Mitgliedsantrag gestellt. 24 sind mittlerweile aufgenommen. „Wir wachsen langsam“, sagt Christian Schulze, Landesbeauftragter für das BSW Bremen.

Als solcher bereitet er die Verbandsgründung auf Landesebene vor und spricht zum anderen mit allen potenziellen Parteimitgliedern; er gibt dann eine Empfehlung an den Bundesvorstand ab, der letztendlich über Aufnahme oder Nichtaufnahme eines jeden einzelnen Mitglieds entscheidet.

Die zentral gesteuerte Aufnahme solle verhindern, dass die neue Partei von Neuzugängen inhaltlich schnell in eine andere Richtung geführt wird, wie es etwa der ursprünglich wirtschaftsliberalen AfD passiert sei – aber auch, so Schulze, dass politische Wendehälse die Partei als Karriereschanze missbrauchen.

Auch der Landesbeauftragte Christopher Schulze hat Verbindungen nach Oldenburg und zur Bundesspitze. Der 36-Jährige leitet das Wahlkreisbüro von Mohamed Ali in Oldenburg. Er kandidiert am Samstag für den Vorstand des Bremer Landesverbandes. „Das muss man natürlich trennen“, sagt Schulze. „Die Arbeit im Wahlkampfbüro ist beruflich, der Vorstandsposten ist ein Ehrenamt.“

Gemeinsam mit dem selbstständigen Digitalunternehmer Alper Iseri will Schulze in Bremen eine Doppelspitze bilden. Der 47-jährige Iseri hat bis auf eine kurze Phase als SPD-Mitglied bisher weder mit Parteien noch mit Ämtern Erfahrungen gemacht hat, bringe aber, so Schulze, „großen unternehmerischen Sachverstand“ mit.

Neben Schulze und Iseri als Doppelvorstand kandidiert in Bremen auch noch Manfred Steglich als Landesgeschäftsführer – bis 2008 führte der Sozialwissenschaftler die Geschäfte der Linksfraktion in der Bremer Bürgerschaft. Der Bremer Landesverband will sich demnach mit drei Männern an der Spitze aufstellen. Eine Quote brauche man nicht, sagt Schulze: Man habe sich bei den zu besetzenden Ämtern für die Leute entschieden, die aufgrund ihrer Erfahrung am besten geeignet seien.

Medien sind bei den Parteitagen weitgehend ausgeschlossen

Nicht an der Bremer Parteispitze berücksichtigt wird damit Cornelia Barth, BSW-Mitglied seit Januar, die von 2007 bis 2013 und noch einmal von 2018 bis 2022 Landesvorsitzende der Bremer Linken war. „Wir wollen auch etwas frischen Wind reinbringen“, begründet Schulze diese Entscheidung.

Zunächst gilt für die neuen Landesverbände das Bundesparteiprogramm. Wie sie sich auf Landesebene inhaltlich positionieren, werde man noch debattieren müssen, sagt Schulze.

Zunächst findet diese Debatte nicht in der Öffentlichkeit statt: Bei den Gründungsversammlungen ist die Presse jeweils nur für eine Rede der Bundesvorsitzenden zugelassen. Das ist für Parteitage ungewöhnlich. Man wolle die vielen neuen Mitglieder im Politikgeschäft nicht gleich überfordern, erklärt Schulze – alle sollten sich erst mal in Ruhe kennenlernen, künftige Parteitage sollen dann öffentlich sein.