Ein Bollwerk bleiben

Der Club About Blank wehrt sich weiter: gegen die A100 beim Wegbassen-Rave, aber auch gegen eine BDS-Boykottkampagne

„A100 Wegbassen“ im vergangenen Jahr – vor dem auch von anderer Seite bedrohten About Blank Foto: Jörg Carstensen/picture alliance

Von Erik Peter

Im Garten des About Blank, in dem sich den Sommer über die Discokugeln gedreht haben, kündigt sich am Dienstag schon der Herbst an. Der Boden ist bedeckt mit Laub, die durch den Club wuselnden Mit­ar­bei­te­r:in­nen machen den Eindruck, als werde der Sommer aufgeräumt. In dem linksradikalen Technoclub am Ostkreuz findet an diesem Mittag die Pressekonferenz für den am Freitag bevorstehenden Protestrave gegen den Weiterbau der Stadtautobahn A100 statt. Sollte der 17. Bauabschnitt zwischen Treptower Park und Storkower Straße gebaut werden, müsste der Club wie viele andere auch weichen. Doch ob das About Blank bis dahin durchhält – der Spatenstich droht ab 2030 –, ist ungewiss. Vor allem die Boykottbewegung einer propalästinensischen Szene bedroht seine Existenz und damit die Arbeitsplätze von 150 Mit­ar­bei­te­r:in­nen schon jetzt.

Florian Paloma, der seit zehn Jahren zum Be­trei­be­r:in­nen­kol­lek­tiv gehört, hat eine Stunde vor dem Pressegespräch in einem alten, fensterlosen Wohnwagen im Blank-Garten Platz genommen. Der Sommer, in dem eigentlich die Rücklagen für die kalte Jahreszeit angespart werden müsse, sei „durchwachsen“ verlaufen. „Der Puffer ist nicht zustande gekommen“, sagt Paloma. Es gebe eine „wirtschaftliche und eine Boykottkrise“. Aufgeben aber wolle man nicht, schon gar nicht vor dem 15. Geburtstag im kommenden April. „Wir haben noch lange keine Lust aufzuhören.“ Es gibt ja auch noch Kämpfe zu führen: „Autonomendisko vs. A100“ steht auf einem Banner auf dem Dach des Clubs.

Einerseits kämpft das About Blank wie alle Clubs mit gestiegenen Preisen in allen Segmenten, insbesondere aber für Energie. Die höheren Kosten müssen dann an der Tür wieder eingespielt werden, wo für eine einzige Clubnacht schon mal 25 Euro fällig werden. Da bleiben potenzielle Gäste lieber mal beim Spätibier sitzen.

Dazu kommt beim Blank der Schaden durch die BDS-Boykottbewegung, die den Club als „pro-israelisch“ oder „zionistisch“ und damit als Feindesort markiert. Erst an diesem Morgen musste eine nachts auf der Fassade aufgepinselte palästinensische Fahne samt der Aufschrift „Free Gaza. Fuck Anti-D“ – gemeint ist die Strömung der Antideutschen – übermalt werden, wie zuvor schon das rote Hamas-Dreieck. Zu tun hat man außerdem, so Paloma, mit gegen den Club gerichteten Stickern und Flyern, persönlichen Beleidigungen, Farbeiern, auch einen Buttersäureanschlag gab es.

Doch was am schwersten wiegt, sind die Absagen von Partyveranstaltern, die ihre Bookings erst gar nicht voll kriegen oder denen DJs wieder abspringen, sobald bekannt wird, dass sie im Blank auflegen sollen und sie sich plötzlich enormem Druck ausgesetzt fühlen. Zwar stammt der erste Boykottaufruf gegen den Club schon von 2017, richtig gravierend wurde es aber nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober und dem folgenden Gaza-Krieg. „Absagen waren in diesem Jahr eher die Regel als die Ausnahme“, sagt Paloma. Den Club trifft die Boykottbewegungen „DJs against Apartheid“ oder „Ravers for Palestine“ härter als das Berghain, das seit neuestem auch Ziel solcher Aufrufe geworden ist.

Das Blank selbst hat sich zum Krieg in Nahost nicht geäußert, dafür seien sie „keine Expert:innen“ und die Meinungen unterschiedlich. Den Vorwurf, unkritisch gegenüber Israel zu sein oder gar die israelische Armee zu unterstützen, weist Paloma zurück. Positionieren wolle man sich aber zum Thema „Antisemitismus in Deutschland“ und zur Rolle der BDS-Bewegung, der man sich „nicht unterwerfen“ wolle und die dazu führe, dass einzelne „extrem unter Druck geraten und daran kaputtgehen“. Das gesamte Team arbeite seit Langem an einem Statement. Paloma plädiert dafür, „Widersprüche auszuhalten“. Er sagt: „Lasst uns nicht, ohne zu streiten, unsere Projekte zerstören.“ Als Antwort hat der Club nicht nur eine Rettungskampagne gestartet, in der er erfolgreich um Spenden wirbt, er versucht auch deutlich zu machen, dass er sich weiterhin als Teil der radikalen Linken versteht, wie Paloma sagt. Das September-Programm ist vollgepackt mit politischen Veranstaltungen. Da wird eingeladen zu dem fünftägigen Festival Antifa.Weiter.Machen mit Diskussionen über die Rückkehr der Baseballschlägerjahre, der Vorführung des neuen Antifa-Films des Kollektivs Leftvision, Soli-Partys und einem Abend zur Landtagswahl in Brandenburg. Dazu kommt ein Filmscreening samt Diskussion zur aktuellen Lage im Iran, eine Veranstaltung zum antisemitischen Terroranschlag von Halle und nicht zuletzt die Beteiligung am A100-Protest.

Paloma sagt: „Wir wollen gestalten und raus aus der Elendsverwaltung der letzten Jahre mit Corona und dem Boykott.“ Auf der Presskonferenz später nennt er das About Blank „ein Bollwerk gegen die Autobahn“. Wie im vergangenen Jahr beteiligt man sich an dem Bündnis A100 Wegbassen, das am Freitagnachmittag mit viel Musik vom About Blank bis zum Treptower Park zum Endpunkt des 2025 wohl dann fertiggestellten 16. Bauabschnitts ziehen wird. Mit dabei sind auch die Bür­ge­r:in­nen­in­itia­ti­ve A100, Fridays for Future und die Initiative Queermany. Hinzu kommen diverse Clubs, darunter die Renate, die zuletzt ihre Kündigung erhielt, und die Clubcommission. Deren Vorsitzender Marcel Weber warnt bereits jetzt vor einer „anderen Dimension von Clubsterben“ und nennt das Blank einen Ort, „der ziemlich wichtig ist“.

Laut Christian Mast vom ebenfalls beteiligten Kollektiv Geradedenken gehe es darum, „Kämpfe zu verbinden, die durch die Autobahn berührt werden“. Zu verteidigen sei eine andere Stadtpolitik, die sich gegen den „Ausverkauf“ stelle, die ökologische Wende ohne neue fossile Projekte, aber eben auch „das Ökosystem, das sich um die Clubs gebildet hat“. Als Bündnis stehe man „solidarisch hinter dem Blank“, so Mast; Fokus sei jedoch, an den erfolgreichen Wegbassen-Protest des vergangenen Jahrs samt fünfstelliger Beteiligung anzuschließen.