WASG will PDS noch überreden

Wahlalternative will schnell mit der PDS über neue Linkspartei beraten. Basis skeptischer als Führung

DORTMUND taz ■ Gestern Nachmittag schien die Elefantenrunde der deutschen Linken noch ganz nah: Oskar Lafontaine, Gregor Gysi, flankiert von den Granden der PDS und der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) würden sich am kommenden Montag treffen, kündigte WASG-Bundesvorstand Axel Troost an. „Alle Hochkaräter“ der Parteien sollten unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Berlin zusammenkommen, um die Zukunft einer neuen Linkspartei zu beraten, sagte Troost der taz. Nur wenige Stunden später folgte dann das Dementi seines Vorstandskollegen Klaus Ernst: Noch sei kein Termin gefunden, noch habe man keine Zusagen der Teilnehmer.

Seit Lafontaine am Dienstag seine Bundestagskandidatur für eine Linkspartei von einer Einigung von WASG und PDS abhängig gemacht hatte, herrscht Hektik innerhalb der Wahlalternative. Die Zeit für die Gründung einer neuen Partei wird knapp. Die „Demokratische Linke“, von der die WASG-Oberen träumen, droht im Entstehen zu scheitern. Der designierte PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi sieht die einzige Chance auf ein Bündnis deshalb darin, dass sich WASGler der PDS-Liste anschließen. Um ihn und andere PDS-Funktionäre umzustimmen, sucht die WASG ein möglich rasches Spitzentreffen. Dort will die Führung der Linkspartei noch einmal klarmachen, dass sie sich der SED-Nachfolgepartei nicht unterordnen wird. „Wir werden nicht als Anhängsel auf eine PDS-Liste gehen“, bekräftigte Bundesvorstand Troost.

Vielen WASG-Anhängern, vor allem aus Ostdeutschland, geht der Annäherungskurs der Parteiführung in Richtung PDS bereits jetzt zu weit. „Von der Basis kommt fast nur Ablehnung“, sagt Frank Wiese, WASG-Landesvorstand in Mecklenburg-Vorpommern. Für ihn ist nicht die Geschichte der SED-Nachfolgepartei problematisch, sondern deren aktuelle Politik in den Landesregierungen in Berlin und Schwerin. „Die PDS ist beim Sozialabbau vorneweg mit dabei. Dafür wird sie bei der Bundestagswahl abgestraft“, sagt Wiese. Er habe keine Lust dazu, dass sich die WASG „die Watschen für andere“ abhole.

Ähnlich sieht es die thüringische Landeschefin Simone Fichtmüller: „Die PDS setzt Hartz IV um und geht gleichzeitig dagegen auf die Straße. Das geht nicht“, sagt sie. Allenfalls ein „Nichtangriffspakt“ während eines getrennten Wahlkampfs sei denkbar. Innerhalb der WASG kursieren zudem bereits E-Mail-Aufrufe zu einer länderübergreifenden Resolution gegen ein Bündnis mit der PDS. „Die Wähler im Westen werden die WASG dann als das Trojanische Pferd der PDS einstufen und nicht wählen“, heißt es in dem von verschiedenen Kreisvorsitzenden unterzeichneten Aufruf.

Bundesvorstand Axel Troost verspricht, auf die Kritiker Rücksicht zu nehmen: „Vor einer Entscheidung wird es eine Urabstimmung der Mitglieder geben“, sagte er. Gibt es keine schnelle Einigung, droht der WASG ein Horrorszenario: Oskar Lafontaine als Kandidat auf einer offenen Liste der PDS. Ohne die WASG. KLAUS JANSEN