Vom Chef zum Sündenbock

Erst der Chefsessel der Zeitungsgruppe, jetzt der von BSkyB

Vom Kronprinzen zum Buhmann – der jüngste „Karriereschub“ von James Murdoch ist heftig, kam aber nicht wirklich unerwartet. Er hat nun auch seinen Chefposten beim britischen Bezahlsender BSkyB niedergelegt. Nicht unerwartet kam der Schritt deshalb, weil der erst 39-jährige Sohn des Medienzaren Rupert Murdoch für den Familienkonzern News Corporation zur Bürde geworden ist.

Beim Abhörskandal der Murdoch-Boulevardpresse in London hat er zwar brav die vom Vater zugeschusterte Verantwortung übernommen – schließlich war er formal der Chairman der britischen Zeitungsbeteiligungen. Doch dann will er von allem nichts gewusst haben. Wobei seine Entschuldigungsversuche mau ausfielen: Er sei nicht informiert worden und habe E-Mails nicht zu Ende gelesen, gab er vor der Untersuchungskommission zu Protokoll.

Die wird nun nach Ostern ihren Abschlussbericht vorlegen, über das Ergebnis macht sich Murdoch junior keine Illusionen: Seinen Zeitungsposten hat er vorsorglich schon im Februar geräumt. Dass er nun auch als Chairman von BskyB geht, ist da nur konsequent: Die Medienaufsichtsbehörde Ofcom ermittelt gegen Murdoch, ob er angesichts seiner Rolle beim Hacking-Skandal überhaupt noch geeignet ist, den erfolgreichsten Pay-TV-Sender Europas zu führen.

Da ist sie also wieder, die Frage nach seiner Eignung; bislang hat sie allerdings eher der Vater gestellt. James Murdoch ist zwar heute formal als Chief Operating Officer ganz oben in der News-Corp-Zentrale angekommen. Doch eigentlich nur als dritte Wahl: Rupert Murdoch machte nie einen Hehl daraus, dass er ursprünglich in seiner Tochter Elisabeth oder dem älteren Sohn Lachlan seinen Nachfolger sah. Erst als beide abwinkten, kam James zum Zuge.

Das könnte sich jetzt ändern, denn die Geschwister sind wieder an Bord. Und James hat eine neue Rolle: die des Sündenbocks. Eigentlich ungerecht, denn alle wichtigen Entscheidungen hat natürlich stets Papa Rupert getroffen. Macht aber schon jetzt den prominenten Opfern des Phone-Hackings großen Spaß: „It’s The Son Wot Lost It“, tweetet der ebenfalls vom Abhörskandal betroffene ehemalige britische Vizepremierminister John Prescott unter Anspielung auf die Schlagzeile „It’s The Sun Wot Won It“, mit der Murdochs Boulevardblatt 1992 den unerwarteten Wahlsieg der Konservativen für sich reklamierte. STG