Justiz in Russland: 12 Jahre Straflager für 51 Dollar

Eine russisch-US-amerikanische Staatsbürgerin wird wegen Verrats zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Sie hatte einer ukrainischen Stiftung Geld überwiesen.

Die russisch-amerikanische Staatsbürgerin Ksenia Chawana am Donnerstag im Gericht von Jekaterinburg Foto: Dmitry Chasovitin/reuters

BERLIN taz | Eine weitere Geiselnahme à la Wladimir Putin: Ein Gericht in der russischen Stadt Jekaterinburg hat die russisch-amerikanische Staatsbürgerin Ksenia Chawana (Karelina) wegen „Staatsverrats“ zu zwölf Jahren Lagerhaft verurteilt. Zudem wurde ihr eine Geldstrafe von umgerechnet 3000 Euro sowie sich anschließende Freiheitsbeschränkungen für die Dauer von anderthalb Jahren auferlegt. Die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre Haft gefordert. Angeblich soll sich Chawana schuldig bekannt haben.

Vorsitzender Richter des Verfahrens war Andrei Mineew – derselbe Mann, der den US-amerikanischen Reporter und Mitarbeiter des Wall Street Journals Evan Gershkovich im Juli 2024 wegen Spionage zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Am 1. August 2024 kam Gershkovich im Rahmen eines größeren Gefangenenaustauschs frei.

Ksenia Chawana stammt aus Jekaterinburg, dort ging sie zur Schule und schloss 2013 ein Studium ab. Ihren Einträgen in den Sozialen Netzwerken ist zu entnehmen, dass sie 2021 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt und einen US-Amerikaner heiratete. In den letzten Jahren lebte sie in Los Angeles.

Anfang 2024 reiste die 33-jährige nach Russland, um dort Verwandte zu besuchen. Am 27. Januar 2024 wurde sie in Jekaterinburg von Streifenpolizisten festgenommen und sie 14 Tagen Haft verurteilt. Der Vorwurf lautete auf „geringfügiges Rowdytum“ – Chawana soll geflucht haben. Sie selbst stritt das ab.

Strafverfahren eröffnet

Nach Ablauf dieser Zeit wurde sie jedoch nicht auf freiem Fuß gesetzt. Stattdessen wurden ein Strafverfahren wegen Staatsverrats eröffnet sowie die Internierung um zwei Monate verlängert.

Laut des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB soll Chawana am 24. Februar 2022 von ihrem amerikanischen Konto einen Betrag in Höhe von 51 US-Dollar an die ukrainische Stiftung „Razom for Ukraine“ überwiesen haben. Die Stiftung, die in den USA lebende Ukrai­ne­r*in­nen gegründet haben, schickt finanzielle Hilfen in die Ukraine, die unter anderem für die Beschaffung von Medizinartikeln, Ausrüstung, Waffen und Munition verwendet werden. Zudem soll sich Chawana an Aktionen zur Unterstützung der Ukraine beteiligt haben.

Laut ihres Anwalts Michail Muschailow habe der FSB entsprechende Informationen bezüglich der Überweisung nach der Beschlagnahme von Chawanas Telefon erhalten, das „mit technischen Mitteln“ geöffnet worden sei. Muschailow will jetzt Teile des Urteilsspruch anfechten.

Im Februar 2024 hatte die Stiftung „Razom for Ukraine“ eine Erklärung ihrer Gründerin Dora Chomiak im Zusammenhang mit der Verhaftung Chawanas. Darin forderte sie die US-Behörden auf, „weiterhin alles zu tun, um von Wladimir Putin die Freilassung aller zu Unrecht in Russland Inhaftierten zu fordern“. Die Aktivitäten der Stiftung stünden im Einklang mit deren gemeinnützigem Zweck und gesetzlichen Verpflichtungen. Man konzentriere sich auf humanitäre Hilfe, Katastrophenhilfe und Bildung.

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