Schwarz-Gelb will rasch regieren

FDP und CDU beginnen heute mit ihren Koalitionsverhandlungen. Bis zum 22. Juni soll die neue Regierung stehen. CDU-Vize Wittke: „Große Unterschiede gibt es zwischen den beiden Parteien nicht“

VON ULLA JASPER

Heute beginnen in der alten Staatskanzlei in Düsseldorf die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP. Nach einem ersten Sondierungsgespräch, das am Mittwoch stattfand, erklärten Politiker beider Parteien, dass die Verhandlungen zügig abgeschlossen werden sollen, damit Jürgen Rüttgers (CDU) schon am 22. Juni zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden kann. Vier Monate vor der Bundestags-Neuwahl will Schwarz-Gelb damit auch ein bundespolitisches Zeichen setzen und den Wählern Handlungsfähigkeit und politische Einigkeit suggerieren.

„Ich glaube schon, dass die Verhandlungen in kurzer Zeit abgeschlossen werden können. Große inhaltliche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Parteien ja nicht“, sagte Oliver Wittke (CDU), der als neuer Bauminister gehandelt wird, zur taz. Auch in der FDP gibt man sich zuversichtlich, dass Rüttgers bereits am 22. Juni inthronisiert werden könnte. „Der Verhandlungsfahrplan sieht vor, bis dahin alle strittigen Fragen zu lösen“, so eine Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion.

Viele strittige Fragen gibt es ohnehin nicht. In der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik sowie in der Bildungspolitik unterscheiden sich die Programme der Wahlsieger vom 22. Mai kaum. Beide Parteien wollen vor allem durch Bürokratieabbau neue Jobs schaffen. Die FDP spricht von einer Million neuer Arbeitsplätze, die bis zum 2015 entstehen wollen, während man bei der CDU mit den Ankündigungen etwas vorsichtiger ist: Die Politik könne schließlich selbst keine Jobs, sondern nur Rahmenbedingungen schaffen. In der Bildungspolitik haben sich Liberale und Konservative einhellig für die Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems ausgesprochen. Der Unterrichtsausfall soll mit mindestens 4.000 neuen Lehrerstellen und einem Unterrichtssicherungsgesetz reduziert werden.

Einzig die Steinkohlesubventionen könnten für Streit zwischen CDU und FDP sorgen. Zwar wollen beide Parteien, dass die staatlichen Beihilfen erheblich gekürzt werden – unklar ist jedoch, in welchem Umfang. Die CDU hatte im Wahlkampf mehrfach angekündigt, die Subventionen bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Den Liberalen reicht das nicht, sie fordern einen „schnellstmöglichen“ kompletten Ausstieg aus der staatlichen Subventionierung.

Derzeit gilt für die Steinkohleförderung noch ein Kompromiss, den Rot-Grün Anfang 2004 verhandelt hatte. Demnach soll die Fördermenge von zurzeit 26 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2012 auf 16 Millionen Tonnen reduziert werden. Bis 2012 soll die Kohleförderung mit insgesamt mehr als 15 Milliarden Euro bezuschusst werden. Rüttgers hatte im Wahlkampf erklärt: „Mit mir sind keine Verträge geschlossen worden“, an die Zusagen sehe er sich nicht gebunden. Die FDP erklärte gar, ein Komplettausstieg sei Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung.

Vor den Koalitionsverhandlungen bemühen sich beide Parteien nun jedoch, die Kohlefrage klein zu reden. „Die Steinkohle wird zurzeit hochstilisiert“, so Wittke. Wichtig sei der CDU, die Subventionen sozialverträglich zu kürzen. Und geht es nach dem Gelsenkirchener Ex-Oberbürgermeister, ist auch ein Kompromiss-Deal mit den Liberalen denkbar: Es sei „nicht unwahrscheinlich“, dass die FDP zwei Ministerressorts bekomme und im Gegenzug von ihrer radikalen Forderung in der Steinkohle abrücke. In der FDP will man von einer solchen Kungelei jedoch noch nichts gehört haben: Die Spekulationen seien „so nicht richtig“, sagte eine Sprecherin.

Ohnehin wollen die Verhandlungspartner erst über die Inhalte ihrer Koalitionsvereinbarung verhandeln, bevor sie Personalentscheidungen treffen. Zudem werden sich die beiden Parteien vor der Verteilung der Ministerien noch über deren Zuschnitt einigen müssen: Das bisherige Ministerium für Wirtschaft und Arbeit soll ebenso filetiert werden wie das so genannte Vesper-Ministerium für Städtebau, Sport und Kultur. Wittke warnt seine Parteikollegen jedoch davor, mehr Ministerien zu schaffen: „Wir wollen Bürokratie abbauen. Da kann es nicht sein, dass man unten was kürzt und oben die Ministerien aufbläht.“