Bürgerinitiative gegen Gasbohrungen: Bür­ge­r*in­nen gegen Gasbohrungen

In Zehdenick kämpft eine Initiative gegen ein neues Erdgasprojekt – und hat Sorge vor der Landtagswahl.

Ein Transparent mit der Aufschrift ?Mit uns nicht! Gegen Gasbohren Zehdenick/Templin? hängt an einem Zaun neben einem roten Holzkreuz mit der Aufschrift ?No Gas?.

„Erdgas ist und bleibt ein Klimakiller“: Protest in Zehdenick gegen die geplanten Probebohrungen nach Erdgas Foto: Soeren Stache/picture alliance

Zehdenick taz | Eine Ackerfläche, keine Infrastruktur drumherum und ein Vogelschutzgebiet. So beschreibt Ralph Riesenberg ein umstrittenes Gebiet am Stadtrand von Zehdenick im Landkreis Oberhavel. Und im Grunde entsprechen seine Worte dem, was sich viele klischeehaft unter Brandenburg vorstellen. Das könnte sich allerdings schon bald verändern.

Riesenberg ist Teil der Bürgerinitiative „Gegen Gasbohren Zehdenick-Gransee-Templin“. Auf der beschriebenen 20.000 Quadratmeter großen Fläche sollen noch dieses Jahr Erkundungsbohrungen für eine mögliche Gasförderung beginnen – jedenfalls wenn es nach dem Unternehmen Jasper Resources GmbH geht.

Der Text ist aus einem zu den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Rahmen eines Online-Workshops der taz Panter Stiftung entstandenen Ostjugend-Dossier, das durch Spenden finanziert wird: taz.de/spenden

Seit 2017 plant der niederländische Konzern dort die Förderung eines Gasvorkommens. Weil Deutschland bis 2045 vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen will, soll das Projekt laut Jasper Resources übergangsweise zur Versorgung beitragen. „Ob das 15 oder 20 Jahre sein werden, kann heute keiner seriös beantworten“, sagt Hans-Jörg Heims, Sprecher von Jasper Resources. Das Unternehmen verspricht unter anderem bis zu 200 neue Arbeitsplätze sowie hohe Steuereinnahmen.

Auswirkungen der Gasbohrungen

Riesenbergs Bürgerinitiative wehrt sich gegen das Vorhaben. „Erdgas ist und bleibt ein Klimakiller“, schreibt die Gruppe auf ihrer Internetseite. Die Mitglieder befürchten Auswirkungen auf die Natur, auf das Grundwasser und den Tourismus in der Region. Für eine Probebohrung müsse die betroffene Fläche komplett versiegelt und betoniert werden, sagt Riesenberg. Es sei kaum damit zu rechnen, dass das Gebiet hinterher wieder entsiegelt wird – auch wenn das Unternehmen das verspricht. Jasper Resources weist die Vorwürfe zurück.

Der erste Anlauf für eine Probebohrung war 2021 an einer fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung gescheitert. 2023 startete Jasper Resources einen neuen Versuch. Das brandenburgische Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) beschleunigte Mitte August dieses Jahres ein Genehmigungsverfahren für die Bohrung. Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung braucht es demnach dieses Mal erst, wenn tatsächlich Gas gefördert wird. Die Prüfung des Antrags durch das LBGR soll ab Mitte September erfolgen.

Ähnlicher Fall in Borkum

Der Fall erinnert an das Wattenmeer vor der Insel Borkum in Niedersachsen, wo in Deutschland noch 2024 die Förderung von Erdgas eingeleitet werden soll – als eines der wenigen weiteren neuen Gasprojekte. Anfang August hatte Fridays for Future zu Protesten aufgerufen, auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) stellte sich öffentlich gegen das Vorhaben. In Zehdenick fehle eine solche öffentliche Aufmerksamkeit, sagt Riesenberg. „Zehdenick ist national bisher eigentlich kein Thema“, bedauert er. Um es mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, veranstaltete die Initiative im August eine Podiumsdiskussion mit Kandidierenden für den Landtag. Nicht eingeladen war die AfD.

Ralph Riesenberg, Bürgerinitiative „Gegen Gasbohren“

„Wenn man ehrlich ist, kann’s ja fast nur schlechter für uns werden“

„Wenn man ehrlich ist, kann’s ja fast nur schlechter für uns werden“, sagt Riesenberg mit Blick auf die Landtagswahlen. Angesichts des steigenden Einflusses der AfD habe die Bürgerinitiative die Befürchtung, dass die Bildung einer funktionstüchtigen Regierung eine Weile dauern könnte, so Riesenberg. „Wir haben Sorge, dass das LBGR in der Zwischenzeit das Projekt forcieren kann und am Ende Tatsachen geschaffen werden, die eine neue Landesregierung kaum noch rückgängig machen kann.“

Marlena Wessollek (22) ist in Eberswalde aufgewachsen, das für viele ein Begriff wegen der Hochschule für nachhaltige Entwicklung, der Würstchen und der O-Busse ist. Sie studiert Visuelle Kommunikation in Berlin.

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