Anlaufstelle für Exportbetriebe in Pakistan

Deutschland will Textilunternehmen bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes unterstützen

Von Leila van Rinsum

Deutschland will pakistanischen Zulieferbetrieben von europäischen Unternehmen im Textilsektor dabei helfen, die Standards des europäischen und deutschen Lieferkettengesetzes zu erfüllen. Dafür soll ein Helpdesk, also eine Anlaufstelle für die Unternehmen, eingerichtet werden, kündigte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch in der Hauptstadt Islamabad an.

Schulze ist bis Ende der Woche in Pakistan, um sich einen Überblick über die Wirkung des Lieferkettengesetzes in Betrieben vor Ort zu machen. „Unternehmen stehen in der Pflicht, Mindeststandards beim Arbeits- und Umweltschutz zu erfüllen, auch in ihren Zulieferbetrieben entlang der Lieferkette“, sagte Schulze. Das deutsche Lieferkettengesetz und die beschlossene EU-Lieferkettenrichtlinie machten das verbindlich.

Weitere Helpdesks gibt es bereits in sechs Ländern. Sie sollen Exportunternehmen beraten und Informationen und Trainings zu nachhaltigen und fairen Lieferketten bieten – aber auch bei der Aufklärung von Konfliktfällen in lokalen Produktionsbetrieben unterstützen oder Unternehmenskooperationen vernetzen, heißt es aus dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ).

Das BMZ bemüht sich mit mehreren Angeboten, Unternehmen in der Umsetzung der sozialen und ökologischen Standards des Lieferkettengesetzes zu unterstützen. Neben den Helpdesks initiierte das BMZ das Textilbündnis, in dem neben Unternehmen auch NGOs und Gewerkschaften vertreten sind. Darüber hinaus gibt es das staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“, welches Beratungen anbietet.

In Pakistan unterstützt die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zudem Gewerkschaften, zum Beispiel in Form eines Kompetenzzentrums für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten. Die Zusammenarbeit wird von der Internationalen Gewerkschaft UNI Global mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der FriedrichEbert-Stiftung geleitet.

Alke Boessiger, die stellvertretende Generalsekretärin von UNI Global Union, begrüßt daher die deutschen Bemühungen: „Wir haben gesehen, dass sich Deutschland für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes einsetzt.“ Sinnvolle Sorgfaltspflicht könne es nur dann geben, wenn die Gewerkschaften mit am Tisch sitzen, betonte sie gegenüber der taz.

Gewerkschaften stehen in Pakistan meist unter erheblichem Druck, sofern sie überhaupt Zugang zu Fabriken erhalten. Die meisten Ar­beit­nehme­r*in­nen sind nicht in organisierten Gewerkschaften vertreten. Nach Angaben des pakistanischen Gewerkschaftsbunds NTUF haben nur 0,5 Prozent der Beschäftigten einen Vertrag. Sie erhalten weder bezahlte Überstunden oder Urlaub, noch haben sie soziale Sicherung. Rund ein Viertel erhielte nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn, so die Gewerkschaft.

Anfang Juli etwa kündigte der Gewerkschaftsverband NTUF die Zusammenarbeit mit dem deutschen Textilunternehmen Kik auf, weil das Unternehmen nicht genug Druck auf seinen Zulieferer ausübte, um eine gewerkschaftliche Vertretung zu unterstützen. Der Kik-Lieferant hatte mit Entlassungen reagiert.

In Pakistan sind mehr als ein Drittel aller Beschäftigten im Textilsektor tätig. Es ist der wichtigste Industriezweig des Landes. Das deutsche Lieferkettengesetz gilt bereits seit 2023, allerdings nur für eine geringe Anzahl großer Unternehmen. Ab 2025 kommen mit der Umsetzung der EU-weiten Lieferkettenrichtlinie weitere Vorgaben dazu, wie etwa Klagerechte bei Verletzung von Sorgfaltspflichten.