Berliner Messe: Eine Idee, die leider bleiben wird

Nächster Angriff auf das Tempelhofer Feld: Warum nicht einfach mal das gesamte Berliner Messegelände an den Rand verpflanzen?

Klotz, Klotz, fertig: die Messe-Idee der Entwickler Foto: IMAGO / Funke Foto Services

Mitte August sind die Gurken in Berlin besonders sauer. Regierende und Regierte machen Urlaub, in den Terminkalendern herrscht gähnende Leere, und da überrascht es nicht, wenn ganz von ungefähr ein Panda trächtig wird oder ein Entwickler mit einer vermeintlich genialen Entwicklungsidee um die Ecke kommt.

Wobei sich Letzteres eigentlich schon im Juni zutrug – nur, dass dank Themensetzung der RBB-Abendschau auf einmal alle darüber reden. Es geht um den Plan einiger Investoren um den Gründer des „EUREF-Campus“, Reinhard Müller, die Messe Berlin von ihrem Standort am Funkturm abzuziehen und im Tempelhofer Flughafengebäude sowie einem halben Dutzend neu zu bauender Hallen und einer weiteren O2-Mercedes-Uber-Arena auf dem betonierten Vorfeld anzusiedeln.

Und das soll der Dreh sein: Die stark sanierungsbedürftigen Gebäude auf dem Messegelände könnten bis auf die denkmalgeschützten Hallen aus der NS-Zeit und die noch recht frischen Bauten im südlichen Bereich plattgemacht werden. Das Land als Eigentümer verscherbelt dann die Fläche an Investoren für Wohnungsbau (natürlich nicht an die Ideengeber, die machen einen völlig uneigennützigen Vorschlag) und macht damit eine Stange Geld, das anschließend in Tempelhof investiert werden kann. Von 800 Millionen Euro ist die Rede.

Man muss Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zugute halten, dass sie auf diesen Zug nicht wirklich aufspringen will und betont, dass der Messestandort sanierungsbedürftig sein mag, aber funktioniert. Sie will es lieber fit machen und das unnötigerweise brachliegende ICC zu einer Art Centre Pompidou machen. Was für eine Stadt wie Berlin schon realistischer klingt. Und an der Müller-Idee ist ja auch so einiges scheiße – nicht nur die Optik, die das beeindruckende Hangar-Halbrund hinter öden Multifunktionsquadern verschwinden ließe, wie Visualisierungen schon erkennen lassen.

Hanebüchene Idee

Zum einen ist es hanebüchen, eine komplexe Infrastruktur, die große Besuchermengen und Wirtschaftsverkehr umschlagen muss, ohne Not an einen neuen, und auch noch zentrumsnäheren Standort zu verpflanzen. Das Gelände am Funkturm mit mehreren S- und U-Bahn-Stationen, Bahn- und Autobahnanschluss ist für solche Zwecke definitiv besser geeignet.

Im Übrigen weiß jeder, der die riesigen Tempelhofer Gebäude schon einmal von innen gesehen hat, dass es eine Mammutaufgabe ist, diese in einen Zustand zu versetzen, den ein moderner Messebetrieb benötigen würde. Ohne das Terminal einzubeziehen, wäre das Flächenangebot auf dem Vorfeld dann aber doch zu bescheiden. Für manche wäre das wahrscheinlich der nächste mehr als willkommene Anlass, das Bebauungstabu des Feldes zu kippen, um noch ein paar Verwaltungsgebäude oder Parkhäuser an den Rand zu klotzen.

Gänzlich absurd und aus der Zeit gefallen ist die Idee aber natürlich, weil gigantomanischer Abriss und Neubau so ziemlich das Gegenteil von nachhaltig sind. Wobei das natürlich auch wieder ganz gut zu Bürotürmen, TVO-Plänen oder Magnetbahnträumen passt. Wir werden mit Sicherheit nicht zum letzten Mal von diesem Projekt gehört haben.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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