Nick Reimer über die Wirksamkeit von Klimapolitik
: Paradies verloren, Welt zu retten

Das ist eigentlich eine Binse: Klimaschutz bedeutet, Treibhausgase einzusparen. Insofern ist ernüchternd, was eine großangelegte Studie unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zutage fördert: Sie untersuchte 1.500 Gesetze, Verordnungen und Vorschriften, die zum Zwecke des Klimaschutzes in den vergangenen 24 Jahren erlassen wurden. Wirklich messbar zur Reduktion von Treibhausgasen trugen davon 189 bei. Das sind gerade einmal 12,6 Prozent.

Gut gemeint ist offenbar nicht ausreichend, um den Klimaschutz voranzubringen. Es muss auch gut gemacht sein! Deutschlandticket und Tankrabatt, E-Auto-Förderung und Dieselprivileg, neue LNG-Terminals und das Ziel von Treibhausgas-Neutralität in wenigen Jahren – die selbst erklärte Fortschrittskoalition aus SPD, FDP und Bündnisgrünen jedenfalls fährt beim Klimaschutz zweigleisig und justiert deshalb nicht richtig.

Unsere Vertreibung aus dem Paradies, dem mitteleuropäischen gemäßigten Klima, lässt sich nicht mehr verhindern, dafür sind bereits zu viele Treibhausgase in der Atmosphäre: In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts werden wir in Deutschland ein Klima bekommen, wie es heute in Norditalien oder Südfrankreich herrscht – nur dass es hierzulande weiterhin sehr strengen Frost geben wird.

Dennoch steht noch einiges auf dem Spiel. Und zwar die völlige Verheerung der Welt als Ganzes im kommenden Jahrhundert: mit abschmelzenden Polkappen, meterweit steigendem Meeresspiegel, unbewohnbaren Hitzeregionen, Flüchtlingsströmen und Schäden so groß wie die aus Weltkrieg I und II zusammen.

Die gute Nachricht, das zeigt die Studie, ist: Politik kann tatsächlich Treibhausgase senken, wenn sie richtig justiert. Dafür allerdings muss sie den Klimaschutz zum vorrangigen, übergeordneten Politikziel erklären. Das ist genau das Gegenteil jener kurzsichtigen Klientelpolitik, die derzeit betrieben wird.

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