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: „Banyamulenge werden überall verfolgt“

Ein bedrohtes, kaum bekanntes Volk des Kongo macht auf seine verzweifelte Lage aufmerksam

Interview Nadine Conti

taz: Felix Rubogora, Ihr Verein Gakondo erinnert am 10. August in Hannover an das Massaker von Gatumba. Was ist dort geschehen?

Felix Rubogora: Unsere Gemeinschaft, die Banyamulenge, sind in der Demokratischen Republik Kongo schon sehr lange Diskriminierungen und Anfeindungen ausgesetzt. 2004 floh eine große Gruppe ins Nachbarland Burundi und wurde in einem Flüchtlingslager des UNHCR untergebracht. Dort wurden sie am 13. August nachts von einer Gruppe von Killern, unter ihnen burundische und kongolesische Milizen, überfallen und umgebracht. 160 Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt – direkt unter den Augen der UN-Peacekeeper und der burundischen Armee. Bis heute hat sich niemand für dieses Verbrechen verantworten müssen.

Wie ist die Lage aktuell?

Rubogora: Die Hasskampagnen und Gewalttaten setzen sich fort und es kommt immer wieder zu Vertreibungen ganzer Dörfer. Im Kongo versuchen viele, uns die Zugehörigkeit abzusprechen. Es heißt, wir seien gar keine Kongolesen, wir gehörten nach Ruanda oder Burundi. 80 Prozent unseres Volkes sind auf der Flucht – als Binnenflüchtlinge im Kongo, in den Nachbarländern oder noch weiter weg. Wir sind in der ganzen Welt verstreut. Deshalb versuchen wir, mit solchen Veranstaltungen auf unsere Situation aufmerksam zu machen.

taz: Warum in Hannover?

Rubogora: In Deutschland ist unsere Gemeinschaft klein, ungefähr 200 Leute. Aber die meisten wohnen in Niedersachsen. In Wolfsburg haben wir letztes Jahr den Gedenktag zum ersten Mal gemacht. Es hat eine Weile gedauert, bis wir stark genug waren, so etwas zu organisieren.

Foto: privat

Félix Rubogora

Jahrgang 1976, ist Vorstandsmitglied des Vereins Gakondo, der sich um die Belange der Banyamulenge in Deutschland kümmert.

taz: Welches Ziel hat diese Gedenkfeier?

Rubogora: Für uns hat das mehrere Funktionen: Wir versuchen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was dort passiert. Zu wenige Menschen wissen darüber Bescheid. Und natürlich versuchen wir auch Unterstützung zu organisieren – für die, die noch in der Region sind, aber auch für die, die hier sind. Fast jeder von uns ist von solchen Gewalttaten betroffen gewesen, sei es in Gatumba oder anderswo. Viele haben Familienangehörige verloren. Sie verdienen Gerechtigkeit.

taz: Erkennen die deutschen Behörden die Verfolgung als Asylgrund an?

Rubogora: Das ist oft sehr schwierig. Die deutschen Behörden wissen wenig über die Situation im Kongo. Und selbst wenn sie von den ethnischen Säuberungen im Osten des Kongo gehört haben, argumentieren sie oft, man könnte ja in anderen Teilen des Landes sicher leben. Das ist aber nicht der Fall, die Banyamulenge werden überall diskriminiert und verfolgt.

taz: Und auch in den Nachbarländern sind sie nicht sicher?

Gedenk­veranstaltung „Erinnern an das Massaker von Gatumba“: Sa, 10. 8., 14–17 Uhr, Hannover, Stadtteilzentrum Stöcken, Eichsfelder Straße 101

Rubogora: Die verfolgen ihre eigenen Interessen. Viele haben ein Interesse an einer Destabilisierung des Kongo, weil sie sich dadurch Zugriff auf wertvolle Rohstoffe versprechen. In unserer Heimatregion, in Süd-Kivu, ist die Regierung sehr schwach, es gibt praktisch keinen Schutz. Dort sind über 150 bewaffnete Gruppen aktiv und auf niemanden haben sie es so sehr abgesehen wie auf die Banyamulenge.

taz: Was wünschen Sie sich für diese Veranstaltung?

Rubogora: Wir wünschen uns mehr Aufmerksamkeit und mehr Unterstützung aus der Politik. Wir haben schon an viele Türen geklopft, auch mit der Hilfe vom Flüchtlingsrat der Gesellschaft für bedrohte Völker, es gibt jedoch wenig Resonanz. Aber irgendjemand muss doch die kongolesische Regierung und die UN in die Pflicht nehmen und die Täter für ihre Verbrechen verurteilen.