Fehlalarm am Bahnhof Berlin-Spandau

Bei der Fahndung nach den früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub wurde eine Person in Berlin festgenommen. Es war – erneut – ein Irrtum

Weiterhin gesucht: Ex-Terrorist Burkhard Garweg auf einem Fahnundungsplakat in Berlin im März 2024 Foto: David Gannon/afp

Von Konrad Litschko

Wieder große Aufregung um die seit Jahrzehnten flüchtigen, früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub. Am Dienstagabend gab es einen weiteren Festnahmeversuch am Bahnhof Berlin-Spandau. Doch es war, mal wieder, eine Verwechslung: Die fahndende Staatsanwaltschaft Verden und das LKA Niedersachsen bestätigten nach einer langen Identifizierung am Mittwochmittag, dass es sich weder um Garweg noch um Staub handelte.

Der Einsatz am Dienstag erfolgte nach einem Bevölkerungshinweis gemeinsam mit der Bundespolizei, sagte eine Sprecherin des LKA. Nach der erfolgten Identifizierung sei klar gewesen, dass es sich nicht um einen der Gesuchten handelt und die Person sei wieder entlassen worden.

Laut Medienberichten will der Hinweisgeber den Mann, der in einem ICE von Bonn nach Berlin gesessen habe, als Ernst-Volker Staub erkannt haben – die Ermittler jedoch gingen davon aus, es sei Garweg gewesen. Er soll in Begleitung einer Frau und eines Hundes angetroffen worden sein. Schon der Festgenommene und die Frau hätten beteuert, es handele sich um eine Verwechslung.

Bereits im Februar war die langjährige Begleiterin von Staub und Garweg, Daniela Klette, in einer Wohnung in Berlin-Kreuzberg festgenommen worden, in der sie offenbar bereits jahrelang gewohnt hatte. Laut Ermittlern lebte auch Garweg zuletzt in Berlin, auf einem alternativen Bauwagenplatz. Nach der Festnahme Klettes konnte er dort aber nicht mehr angetroffen werden, nur sein Bauwagen wurde noch beschlagnahmt.

Dem Trio Staub, Garweg und Klette wird vorgeworfen zur dritten Generation der RAF gehört zu haben, die neun Morde verübte, darunter an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen und Treuhand-Präsident Detlev Rohwedder. Insgesamt werden der RAF, die sich 1998 auflöste, mehr als 30 Morde zugerechnet. Nach dem Abtauchen sollen Klette, Garweg und Staub von 1999 bis 2016 zudem mehrere schwer bewaffnete Raubüberfälle begangen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.

Wegen der Überfälle ermittelt seit 2015 die Staatsanwaltschaft Verden gegen das Trio. Die Vorwürfe lauten hier auf versuchten Mord sowie versuchten und vollendeten schweren Raub in mehreren Fällen. Auch die Bundesanwaltschaft ist noch involviert, die Klette, Staub und Garweg konkret die Beteiligung an drei Anschlägen vorwirft, die noch nicht verjährt sind: einen Bombenanschlag auf die Deutsche Bank in Eschborn 1990, Schüsse auf die US-Botschaft in Bad Godesberg 1991 und die Sprengung der im Bau befindlichen JVA Weiterstadt 1993.

Schon vor der Festnahme Klettes gab es immer wieder vermeintliche Hinweise auf das Trio: mal auf einem Campingplatz, mal in Zügen oder Restaurants. Auch Anfang Februar wollte ein Augenzeuge Staub in einer Regionalbahn bei Wuppertal gesehen haben. Zuletzt meldeten Personen im Juli, er sei auf einem Berliner Fahrgastschiff. Jedes Mal war es – wie am Dienstag – eine Verwechslung.

Die Fahndung nach Staub und Garweg geht damit weiter. Schon zuletzt hatte das LKA Niedersachsen mit neuen Fotos nach den beiden Männern gesucht. Die Ermittler gehen davon aus, dass zumindest Garweg noch bis zuletzt Kontakt zu Klette hielt. Die 65-Jährige soll ihn bei ihrer Festnahme noch via Handy gewarnt haben.

Für Hinweise, die zur Festnahme von Staub und Garweg führen, haben die Behörden bis zu 150.000 Euro ausgelobt. Die Rote Hilfe hatte die Fahndung und die Festnahme Klettes kritisiert. Diese sei „das Ergebnis einer jahrzehntelangen Verfolgungswut und dem staatlichen Rachebedürfnis gegen ehemalige Mitglieder der Stadtguerilla-Gruppen“, erklärte die Gruppe, die verfolgte Linke unterstützt.

Im Fall Klette sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden der taz, dass „mit Hochdruck“ an der Anklage gearbeitet werde. Derzeit aber seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.