Daimler soll Politik machen

MENSCHENRECHTE Gewerkschafter wollen Autokonzern gegen US-Einwanderungsgesetz in Stellung bringen

BERLIN taz | Die Menschenrechtlerin Renata Soto steht am Mittwoch am Redepult auf der Hauptversammlung von Daimler in Berlin und appelliert an das Gewissen des Managements: „Fordern Sie eine Aufhebung des HB-56-Gesetzes!“ In der Messehalle hören Menschen Renata Soto teils gelangweilt, teils interessiert zu. Doch am Ende haben die AktionärInnen geklatscht, erzählt Renata Soto später.

Das Gesetz in Alabama, gegen das Soto und drei weitere AktivistInnen auf der Hauptversammlung protestieren, ist das restriktivste Einwanderungsgesetz der USA: Die House Bill 56, kurz HB 56, erlaubt Identitätskontrollen, wann immer ein Verdacht auf illegale Immigration besteht, und kriminalisiert den Kontakt zu Einwanderern. „Wir wollen die Daimler-Aktionäre informieren: dass in Alabama ein rassistisches Gesetz in Kraft ist und dass der Daimler-Konzern seine starke Stellung in Alabama dafür nutzen soll, dass das Gesetz aufgehoben wird“, sagt Fred Redmond, Exekutivrat bei AFL-CIO, einer Gewerkschaft, die 12 Millionen Arbeitnehmer vertritt. Ihr Vorgehen: Sie schreiben Briefe an die größten Arbeitgeber in Alabama und gehen auf deren Hauptversammlungen. Um dort reden zu dürfen, muss man AktionärIn mit Stimmrecht sein oder dieses Recht von einem Aktionär übertragen bekommen. „Daimler äußert sich grundsätzlich nicht zu Themen der Gesetzgebung, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Automobil-Geschäftsbetrieb stehen“, sagt Unternehmenssprecher Florian Martens. Den direkten Bezug gebe es nicht, denn Daimler halte sich sowieso an die Immigrationsgesetze: „Wir dürfen nur Menschen mit Arbeitserlaubnis anstellen – deshalb betrifft uns diese Reformmaßnahme nicht.“ Dass ein deutscher Daimler-Manager selbst auf Grundlage des HB-56-Gesetzes verhaftet wurde, spielt Daimler-Sprecher Martens herunter: Da dieser keine Papiere bei sich hatte, sei der Manager gebeten worden, auf das Revier zu kommen. „Wir haben Reisende daran erinnert, jederzeit einwandfreie Papiere mit sich zu führen.“ FWS