Hitzeschutz-Tour in Charlottenburg: Mit Creme und Capri-Sonne
Der Sommer mit viel Sonne und großer Hitze ist für Menschen ohne Obdach gefährlich. Das Team des WILMA Shoppingcenters hilft mit dem Hitzefahrrad.
Am Mittwoch macht sich das Team des Shoppingcenters WILMA aus Charlottenburg erstmals auf den Weg, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Mithilfe eines E-Lastenbikes soll Sonnenschutz, Wasser und Capri-Sonne an wohnungslose Menschen verteilt werden. „Das ist nicht für unser Image. Wir sind unterwegs nach dem Motto „Tu Gutes und sprich darüber“, sagt Center-Manager Steffen Mezler der taz. „Die Aktion soll auch eine Anregung für andere sein, ebenfalls zu helfen.“
Auf Berlins ältester Einkaufsstraße muss man nur wenige Meter laufen, um Menschen zu treffen, die Hitzeschutz bitter nötig haben. Aran Svenson aus Island sitzt vor einem schattigen, halbwegs kühlen Hauseingang. Er nimmt das Care-Paket gerne an. Der 40-Jährige ist seit 3 Jahren obdachlos. Mit der Hitze komme er schon zurecht, es sei aber wichtig, einen geeigneten Platz finden.
Das Lastenrad rollt weiter Richtung Stuttgarter Platz, einem Hotspot für obdachlose Menschen. Unter der S-Bahn-Brücke an der Lewishamstraße steht Zelt an Zelt, ist Matratze an Matratze gereiht, es ist laut und der Gestank der Autoabgase vermischt sich mit der Hitze – wenigstens ist man hier vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt.
„Obdachlosigkeit ist 365 Tage im Jahr prekär“
Agnes Lešziková aus Lettland freut sich über Capri-Sonne und den kurzen Austausch mit dem WILMA-Team. Die 43-Jährige verlor vor einem Jahr ihre Arbeit in einem Hotel, seitdem lebt sie auf der Straße. „Der Winter ist zwar schlimmer“, sagt sie, „aber im Sommer sind leider viele Unterkünfte geschlossen und nachts auf der Straße ist es sehr gefährlich für Frauen.“
Die Teamleiterin für Versorgung der Berliner Stadtmission Sünje Hansen betont: „Obdachlosigkeit ist 365 Tage im Jahr prekär. Die Gefahr der Dehydrierung ist in den Sommermonaten sehr hoch. Auch Möglichkeiten, sich in kühlen Räumen aufzuhalten, sind wichtig.“
Auch dafür ist WILMA eine Anlaufstelle: Obdachlose dürfen sich im klimatisierten Center aufhalten, die Toilettenräume und das kostenlose WLAN nutzen. „Jeder kann zumindest einen kleinen Beitrag im Kiez leisten“, findet Steffen Mezler. Irgendwann sind alle Sonnencremes verteilt, das Lastenrad rollt zurück Richtung WILMA. Donnerstag soll die Aktion wiederholt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei