berliner szenen
: Per du mit den Hand­werkern

Einer ist groß mit riesigen Armenmuskeln, der andere ist klein mit einem kleinen runden Bauch. Beide jungen Männer in blauen Arbeitsoveralls wirken schüchtern. Der Größere trägt einen Bart und hat eine tiefe Stimme. Den kleineren Mann höre ich nicht, weil er sich hinter seinem Kollegen versteckt und kein Wort sagt.

Sie hätten gegen 7 Uhr bei mir klingeln sollen, kommen aber erst um 8 Uhr an. So habe ich Zeit, mir einen Kaffee zu kochen und mein Homeoffice im Wohnzimmer einzurichten. Die Handwerker sollen den Boiler austauschen, was etwa vier Stunden dauern soll. Danach kann ich nach zwei Wochen endlich wieder warm duschen.

Ich räume alles auf, was im Weg stehen könnte, aber mein Bad ist so schmal, dass die beiden Schwierigkeiten haben, sich zwischen den Fliesenwänden zu bewegen und überhaupt Platz zu finden. „Das kriegen wir schon hin“, sagt der Größere.

Nur zweimal sprechen sie mich an: Einmal, um mir mitzuteilen, dass das Wasser abgestellt wird, und später, um ihre Mittagspause anzukündigen. Ich stelle mir vor, wie sie im geparkten Auto sitzen und aus Tupperdosen essen, ohne miteinander zu reden. Oder vielleicht lachen sie doch zusammen und erzählen sich Anekdoten.

Nach der Pause arbeiten sie fleißig weiter und sind pünktlich um 12 Uhr fertig. Bevor sie gehen, füllt der muskulöse Mann Formulare aus, die ich unterschreiben muss. Er wirft einen Seitenblick auf mich und fragt, ob ich Kampfsport mache – er hat wahrscheinlich meine Boxhandschuhe im Flur gesehen. Er selbst trainiere auch, erzählt er. Wir unterhalten uns dann über Muay-Thai-Gyms in Berlin und Thailand und wechseln dabei zum Du. Wenn es jedoch wieder um den Boiler geht, siezen wir uns. „Schönen Tag Ihnen! Dir!“, verabschiede ich mich, als ich ihn zur Tür bringe.

Luciana Ferrando