„Jede Art braucht eine eigene Herangehensweise“

Durch die Zusammenarbeit vieler Akteure und einen langfristigen Plan konnte der Iberische Luchs gerettet werden. Davon können auch andere Projekte lernen, sagt Francisco Javier Salcedo Ortiz

Von Reiner Wandler

wochentaz: Glückwunsch! Der Pardelluchs – besser bekannt als Iberischer Luchs – wurde von der Roten Liste der bedrohten Arten genommen. Wie haben Sie das erreicht?

Francisco Javier Salcedo Ortiz:Dahinter stecken mehr als 20 Jahre Arbeit unterschiedlicher Organisationen und die Finanzierung durch das EU-Programm „Life“. Als es nur noch etwa 100 Exemplare gab, haben wir den Bestand in Südspanien geschützt und stabilisiert. Dann züchteten wir Luchse, um sie auszusetzen. So entstanden zwei weitere Populationen. In einem dritten Projekt gründeten wir dann mit Partnern aus weiteren Regionen zusammen vier weitere Luchspopulationen.

Was waren die Kriterien für die neuen Habitate?

Wir schauen bei der Suche auf 14 Kriterien. Zwei davon sind ganz besonders wichtig: Es muss genügend Beutetiere für die Luchse geben, das sind vor allem Kaninchen. Dazu muss das Habitat insgesamt stimmen, die Vegetation und die Abgeschiedenheit.

Ist es leichter, Arten zu schützen, die in abgeschiedenen Gebieten leben, als solche, die nah der Zivilisation leben und dadurch Konflikte verursachen?

Der Luchs ist sicherlich leichter zu schützen als der Wolf. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass viele Tiere in abgeschiedenen Gebieten leben, weil Menschen sie aus den besten Gebieten verdrängt haben.

Wie sieht die aktuelle Arbeit aus?

Wir versuchen, die unterschiedlichen Gruppen miteinander zu vernetzen, damit es zu einem Austausch von Tieren kommt.

Wie geht das?

Wir schaffen Korridore zwischen den unterschiedlichen Populationen, indem wir kleinere Gruppen zwischen den Großen gründen. Die Tiere pflanzen sich dann außerhalb ihrer Ur­sprungs­gruppe fort. Das fördert die Genvielfalt.

Der Luchs wurde in sehr abgelegene Gegenden wieder angesiedelt. Warum verschwand er dort überhaupt?

Früher wurde der Luchs als Trophäe gejagt, außerdem galt er als schädliches Tier. Bis 1973 war die Jagd erlaubt. Hinzu kommt der Rückgang der Bestände der Beutetiere, vor allem der Kaninchen durch Krankheiten.

Was können wir aus dem Erfolg beim Schutz des Iberischen Luchses für andere Arten lernen?

Foto: privat

Francisco Javier Salcedo Ortiz, 50, ist Koordinator des Plans zur Wiederherstellung der Population des Iberischen Luchses in Andalusien.

In 20 Jahren haben wir eine fast ausgestorbene Art gerettet. Der Impuls dafür ging von der andalusischen Re­gio­nal­re­gie­rung aus. Wenn wir unterschiedliche gesellschaftliche Akteure hinter einem Ziel vereinen, ist ein Erfolg möglich. Dazu brauchen wir einen durchdachten Plan. Wir haben viele Erfahrungen gesammelt, die wir weitergeben können, etwa zum Vernetzen der angesiedelten Populationen. Trotzdem braucht jede Art auch eine eigene Herangehensweise.

Was haben die Projekte für die Rettung des Iberischen Luchses gekostet?

Die hatten einen Haushalt von insgesamt etwa 100 Millionen Euro.

Wenn es um Artenschutz geht, denken wir immer an große Tiere, Luchse, Wölfe, Bären. Dabei sterben je nach Schätzungen jährlich 11.000 bis 58.000 Arten aus. 41 Prozent der Amphibienarten sind bedroht und immerhin 17 Prozent der Vögel.

Wir haben nur einen Planeten. Menschen brauchen immer mehr Ressourcen und verdrängen so die Tierwelt. Wir brauchen einen weltweiten Schutz der Ressourcen, einen globalen Kampf gegen die Klimawandel. Es ist leider sehr schwer, solche internationalen Übereinkommen zu erreichen.