Bayer verliert Medikamenten-Prozess

PATENTRECHT Der deutsche Pharmakonzern hatte in Indien gegen Zulassung einer Billigkopie seines Krebsmittels Nexavar geklagt. Hilfsorganisationen werten das Urteil als Sieg für arme Patienten

BERLIN taz | Ein indisches Gericht hat eine Klage der Bayer Schering AG gegen die Zulassung eines Nachahmer-Medikaments in dem Land zurückgewiesen. Die Richter verurteilten den deutschen Pharmakonzern am Dienstag der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zufolge dazu, Indiens Regierung und der Generika-Firma Cipla umgerechnet rund 9.000 Euro zu zahlen.

In der Klage, die das deutsche Unternehmen Ende 2008 vor dem Delhi High Court eingereicht hatte, ging es um die von Cipla beantragte Zulassung eines Generikums des Bayer-Krebsmittels Nexavar. Generika sind günstige Kopien eines Medikaments. Die Deutschen sahen den Patentschutz ihres Produktes bedroht, so die damalige Begründung. Nach indischem Recht dürfen Generika auch vor Ablauf eines Patentes auf das Originalprodukt zugelassen werden, damit sie nach dem Ablauf der Lizenz schnellstmöglich verkauft werden können.

Die Entscheidung werde Pharma-Unternehmen von weiteren Versuchen abschrecken, die Zulassung von Generika zu blockieren, erklärte Ärzte ohne Grenzen. „Die Europäische Union sollte dies zum Anlass nehmen, jetzt auch ihre Generika-feindliche Haltung zu ändern, zum Beispiel in den laufenden Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit Indien“, forderte Kampagnenkoordinator Oliver Moldenhauer.

„Preiswerte Medikamente aus Indien sind unersetzlich für die Patientenversorgung in aller Welt, ganz besonders in armen Ländern“, sagte Philipp Mimkes von der Coordination gegen Bayer-Gefahren. Die Aktivisten hatten befürchtet, dass das Zulassungsverfahren für Heilmittel mit dem Patentrecht verknüpft werden würde, wenn die Bayer AG den Prozess in Indien gewonnen hätte. Mit solch einer Verzögerung kämen viele Patienten nicht mehr rechtzeitig an die nötigen Medikamente.

In einer vorläufigen Stellungnahme zu dem Gerichtsurteil sagte die Bayer-Sprecherin Denise Rennmann: „Bayer HealthCare teilt die Entscheidung des Gerichts nicht und ist enttäuscht darüber.“ Das Unternehmen werde nach dem Empfang der Urteilsbegründung seine rechtlichen Möglichkeiten in dieser Sache prüfen. NAIMA BLUM